Frühstücksgast
OMR Prim. Prof. Dr. Günter Nebel
„Wir müssen bei der Betreuung
der älteren Menschen umdenken“
Kräftig ausgebaut hat die Sanlas Holding von OMR Prim. Prof. Dr. Günter Nebel. Neben dem Zubau von 650m² Therapiefläche und 64 neuen Patientenzimmern in der Privatklinik Laßnitzhöhe wurde am selben Standort auch die Seniorenresidenz Laßnitzhöhe neu eröffnet. Gerade bei der Betreuung älterer Menschen müsse man neue Ansätze einbringen, ist Primar Nebel überzeugt.
25 Millionen Euro hat allein der Ausbau der Privatklinik Laßnitzhöhe gekostet, erzählt Nebel. Dabei konnte das medizinische Angebot in wichtigen Teilen erweitert werden. „Die konservative Behandlung von Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, sowie von neurologischen und rheumatologischen Erkrankungen wurde durch ein interdisziplinäres Angebot erweitert.
Von der passiven über die aktive Physiotherapie, unterstützt durch spezielle Trainingsgeräte, bis hin zur Unterwassertherapie gibt es unzählige neue Therapieansätze im Sinne des biopsychosozialen Modells der Schmerzbehandlung. In diesem Setting können Akutprobleme bestmöglich behandelt werden, um die Lebensqualität zu steigern. Neben der pflegerischen Komponente zielt der Rehabilitationsaufenthalt besonders auf eine rasche Rückgewinnung der Mobilität und eine ehestmögliche Wiedereingliederung in Beruf, Alltag und Familie ab.“
Abseits der konventionellen Methoden setzt Nebel auf der Laßnitzhöhe unter anderem auf die Traditionelle Chinesische Medizin - TCM: „Wir stehen diesbezüglich im Austausch mit der Heilongjian University of Chinese Medicine in China und bieten unseren Patienten die Möglichkeit einer ganzheitlichen Versorgung. Diese reicht von der klassischen Akupunktur bis zur chinesischen Physiotherapie im Sinne einer Akupunkt Meridian Behandlung, Moxibustion sowie Qiong und Shiatsu. Ergänzt wird das Angebot durch eine Ernährungsberatung nach den 5-Elementen und vieles mehr.“ In Kürze steht den Patienten auch eine Kältekammer zur Verfügung.
Jährlich werden in der Privatklinik Laßnitzhöhe mehr als 3.000 Patienten behandelt. Der Großteil der Patientenaufenthalte wird über die Sozialversicherungsträger abgerechnet. Es besteht allerdings jederzeit die Möglichkeit einer privaten Aufnahme.
Schwerpunktmäßig kommen die Patienten aus dem neurologischen und orthopädischen Bereich. Dies betrifft einerseits Patienten nach einem Schlaganfall oder anderen neurologischen Erkrankungen, z. B. Mb. Parkinson, MS, etc., andererseits Patienten nach orthopädischen Eingriffen. Darüber hinaus arbeitet die Privatklinik Lassnitzhöhe aktuell an speziellen Rehabilitationsprogrammen, welche zur Verbesserung der Gesundheit nach einer COVID-19 Erkrankung beitragen sollen.
Weitere zehn Millionen Euro hat Nebels Sanlas Holding in die Neueröffnung der Seniorenresidenz Laßnitzhöhe investiert. Dort stehen 90 Zimmer für die Pflege älterer Menschen zur Verfügung. Die Pflegeeinrichtung ist mit großzügig angelegten Spazierwegen in die Natur eingebettet.
Eine der großen Vorteile auf der Laßnitzhöhe sieht Nebel in der unmittelbaren Nachbarschaft von Seniorenresidenz und Privat- klinik. Dadurch sei eine ärztliche, therapeutische und pflegerische Versorgung auf höchstem Niveau gegeben.
Eine weitere Pflegeeinrichtung für Kurz- und Langzeitpflege betreibt das Unternehmen in Graz-Eggenberg. Das ehemalige Merkur-Sanatorium sei nicht weit vom Schwerpunktkrankenhaus LKH West entfernt, sodass auch dort eine umfassende medizinische Versorgung kurzfristig möglich ist. In Eggenberg stehen 130 Pflegeplätze zur Verfügung. Die Seniorenresidenz befindet sich in einem Villenviertel inmitten einer 5.000 Quadratmeter großen Parkanlage und bietet ein vielfältiges Pflegeangebot.
Ein neues Projekt erschließt Nebel derzeit in Bulgarien. Dort wird an der Errichtung eines neuen Vorsorgezentrums in der Hauptstadt Sofia gearbeitet. „Hier steht die allgemeine Gesundheitsprävention im Vordergrund, wobei wir zum einen unser Wissen aus Österreich in Bulgarien einbringen und zum anderen die Erfahrungen, die wir dort gewinnen, zukünftig hier einsetzen möchten.“
Generell plädiert der Psychiater Günter Nebel für einen neuen Zugang in der Betreuung, der immer älter werdenden Menschen: „Es bedarf grundlegend eines neuen Konzepts, angefangen von alternativen Wohnformen bis hin zur medizinischen Versorgung. Es ist wichtig, die geistige und körperliche Mobilität zu erhalten, sowie ein eigenverantwortliches Gesundheitsverständnis und soziale Kontakte zu fördern, sodass ein eigenständiges Leben so lange wie möglich gewährleistet ist.“
Dienstleistungen für Ältere müssen nicht immer hochspezialisiert sein, ist der Primar überzeugt. „Hier kann es sich auch um Unterstützung beim Einkaufen handeln oder um eine Begleitung beim Spazierengehen oder einfach nur um eine Person, mit der man Gespräche führen kann. Es geht um soziale Aktivitäten und kontaktfördernde Maßnahmen.“ Man sollte über das klassische Konzept des Altersheims hinausdenken, denn auch die zunehmende Kontaktarmut im höheren Lebensalter sei ein Problem.
Auch die Wohnsituation sollte wohl überlegt sein. „Man müsste schon bei der Errichtung von Neubauten eine altersgerechte Denkweise einfließen lassen. Das könnte viele Pflegeplätze sparen“, sagt Nebel. Außerdem müsse man sich Wege einfallen lassen, um die einstige Versorgungsstruktur der älteren Generation durch die Großfamilie unter einem Dach zu ersetzen. Die Begegnung zwischen Jung und Alt und eine gegenseitige intergenerative Unterstützung ist hier von Bedeutung. „Das kann in verschiedenen Varianten und Stufen geschehen. Zum Beispiel könnte in einem spezialisierten Wohnbereich, ein sogenannter „Sozialmanger“ eingesetzt werden. Das wäre einfach jemand, den man ansprechen kann, wenn man Hilfe benötigt. So können notwendige Serviceleistungen rasch und rund um die Uhr organisiert und eingeholt werden. Das Altersheim mit einer intensiven pflegerischen Versorgung sollte erst ganz am Ende stehen.“
Von der Corona-Pandemie sieht der Psychiater nicht nur die ältere Generation, sondern alle Menschen betroffen. „Unser soziales Leben wurde durch diese Krise verarmt. Dazu kommt die Sorge vieler Menschen, zu erkranken, was eine gewisse soziale Distanz herbeiführt. Während auf der einen Seite die sozialen Kontakte massiv reduziert wurden, fördert das Zusammenleben mit der Familie auf engsten Raum oft zusätzlichen Stress und aggressive Gefühle. In solchen Situationen ist es wichtig, Entspannungsstrategien zu entwickeln, um einerseits bei sich selbst zu bleiben und gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. In unseren Einrichtungen haben wir dahingehend entsprechende Deeskalations-Trainings vorgesehen, um so Druck herauszunehmen.“
Die Altersheime sieht Nebel durch Covid-19 in erster Linie von außen bedroht. „In den Pflegeeinrichtungen selbst entsteht kein Corona, es wird hineingetragen. Darum ist es wichtig, alle Schutz- und Hygienemaßnahmen ernst zu nehmen und laufend Testungen durchzuführen.“ In allen Einrichtungen der Sanlas werden sowohl Mitarbeiter als auch Patienten und Bewohner regelmäßig getestet.
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sieht Nebel „fast so problematisch wie die Krankheit selbst“. Die Sorge um Einkommen und Arbeitsplätze würde die Menschen massiv belasten. Letztlich, so der Primar, werde aus derzeitiger Sicht nur eine Durchimpfung der Bevölkerung einen Ausweg aus der Corona-Krise eröffnen.
Nebel ist auch Honorarkonsul von Kasachstan. Durch seine Initiative wurde die Städtefreundschaft zwischen Almaty, der ehemaligen Hauptstadt des zentralasiatischen Staates, und der Stadt Graz geschlossen. Darüber hinaus gibt es seit 2016 eine Partnerschaft zwischen der Region Ostkasachstan und dem Land Steiermark. In den zentralasiatischen Staaten, besonders Kasachstan, sieht der Primar nicht nur wirtschaftliche Chancen durch die reichen Rohstoffvorkommen, sondern auch durch die Neuerschließung von Handelsbeziehungen. Die neue Seidenstraße, welche von China kommend über Kasachstan gehend nach Europa führen wird, trägt zu dieser Entwicklung bei. Diese Verbindung soll aber nicht nur einbahnig verlaufen, sondern auch neue wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten für Österreich und Europa in Richtung Zentralasien und China ermöglichen.