„Am Ende des Tages geht es um eine saubere Lösung“

Schon als er 12 Jahre alt war, wollte Mag. Manuel Novak Rechtsanwalt werden. Sein Großvater nahm das nicht ernst und meinte, „dann werde ich links a Wiesen“. Mittlerweile hat der 32-Jährige seinen Opa widerlegt und in der Grazer Kopernikusgasse 9 seine Kanzlei eröffnet.

Nach der HAK studierte Novak Jus, arbeitete in einer Steuerberatung und absolvierte nach fünf Jahren Berufserfahrung die Anwaltsprüfung. Anschließend gründete er binnen einer Woche seine Kanzlei. „Ich habe selbst die Räumlichkeiten ausgesucht und sogar die Möbel selbst zusammengeschraubt – mit Hilfe von zwei Freunden.“ Am 17. Oktober des Vorjahres konnte er seinen ersten Mandanten in seiner Kanzlei empfangen.

Selbstverständlich befasst sich der Anwalt mit allen Rechtsbereichen – vom Arbeits- bis zum Verkehrsrecht. Besonders gerne ist Novak aber im Strafrecht tätig, auch wenn das nicht immer leicht ist. „Jeder Täter hat das Recht auf einen Anwalt und ein ordentliches Verfahren. Das heißt nicht, dass ich die Tat gutheiße. So wie ein Psychologe eine Distanz zum Patienten braucht, muss auch ich das mit einem Abstand sehen. Man muss immer die Gesamtsituation betrachten.“

Am liebsten mache der Anwalt Jugendstrafrecht: „Da versuche ich, im Täter das Bewusstsein zu wecken, was er falsch gemacht hat, und ihm die Grenzen aufzuzeigen.“ Immer gelinge das nicht, räumt der Jurist ein. So habe er zum Beispiel für eine Jugendliche erreicht, dass zwar ein Schuldspruch gefällt, aber keine Strafe verhängt wurde. „Der Richter hat dann gesagt, er wolle sie hier nie wieder sehen, und ich habe ihm versichert, dass das nicht der Fall sein werde. Ein halbes Jahr später ist sie dann aber wegen einer neuerlichen Straftat verknackt worden. Für mich war das schon eine persönliche Enttäuschung, dass sie ihr Unrecht und meine Mühe, es ihr zu erklären, nicht verstanden hat.“

Seine Mandanten kommen meist zu ihm, weil er weiterempfohlen wird. „Manche finden mich inzwischen aber auch im Internet, das freut mich. Vor allem, weil es in Graz ja eine wahre Flut von Anwälten gibt.“

Ganz am Anfang einer Betreuung sei es wichtig, so Manuel Novak, herauszufinden, was der Klient wirklich will. „Will er nur jemand ärgern, kann man das machen. Will er seine Sache bis zum Obersten Gerichtshof durchkämpfen, dann ist eben das sein Ziel. Wenn man gerade in einem Zivilverfahren nicht unbedingt durch alle Instanzen gehen will, dann versuche ich eine Lösung zu finden, um dem Mandanten nicht unnötige Kosten zu verursachen.“

Als Anwalt müsse man nicht nur Berater, sondern auch in bestimmten Maß Psychologe sein. „Vielleicht muss man sogar ein wenig Freund sein. Wichtig ist das Vertrauen des Klienten, nur so kann man einen gemeinsamen Weg gehen. Am Ende des Tages geht es um eine saubere Lösung.“

Man müsse als Anwalt den Mandanten dort abholen, wo er steht, ist Novak überzeugt. „Jeder hat ein anderes Wissen, eine andere Vorstellung von seinem Rechtsproblem. Das muss ich in einer Sprache, die der Klient versteht, beraten. Und ich muss mich auch vor Gericht so verhalten, wie sich das der Mandant vorstellt. Manche brauchen eine Show, andere wollen einen ruhigen Anwalt.“ Auch auf den Vertreter der Gegenseite und den Richter müsse man sich einstellen.

Für die meisten Menschen ist ein Rechtsproblem eine Ausnahmesituation, erzählt der Rechtsanwalt Manuel Novak aus der Praxis. „Sie wissen dann oft gar nicht, was sie tun sollen. Da muss ich sie abholen und einen gemeinsamen Weg finden – auch wenn das manchmal Umwege bedeutet.“ Wichtig ist für den Rechtsanwalt vor allem eine umfassende und exakte Vorbereitung - gemeinsam mit dem Mandanten. „Was für mich aber vor allem anderen zählt, ist Handschlagqualität.“

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„Ich muss nachvollziehen können, wie der Patient die Welt erlebt“

Mehr Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen wünscht sich der Psychiater und Primar Dr. Michael Schneider, der am LKH Graz II Standort Süd eine Abteilung mit 79 Betten leitet. Psychische Erkrankungen können jeden treffen, weiß der Mediziner.

2007 hat Dr. Michael Schneider an der Alterspsychiatrie als Assistenzarzt begonnen. Vor zwei Jahren übernahm er als Primar die Leitung der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie 2 am LKH Graz II, Standort Süd.

„Ich war immer ein ausgesprochen sozialer Mensch, der die Begegnung mit anderen sehr schätzt“, schildert der 50 Jahre alte Mediziner sein Naturell. „Das ist die beste Grundlage dafür, in der Psychiatrie tätig zu werden.“ Eigentlich habe ihn während seines Studiums vor allem die Anatomie begeistert. Darum fing er als Assistenzarzt an der Chirurgie in Passau an. Danach wechselte er in die Steiermark, um die Ausbildung zum Allgemein-Mediziner zu absolvieren. Da erhielt Michael Schneider das Angebot, einen Teil seiner Turnusarztzeit an der Psychiatrie zu arbeiten. In dieser Zeit wurde sein Interesse für Psychiatrie geweckt.

Dabei habe er, so Schneider, sein Talent entdeckt, Menschen in einer Sinnkrise zu helfen, und beschlossen, in die Psychiatrie zu gehen. „Es ist der einzige Beruf, den ich mir für mich vorstellen kann, außer vielleicht Tierarzt“, lächelt der Primar. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen, habe zwei Pferde, zwei Hunde und eine Schildkröte Max.“

In die Wiege gelegt wurde dem Vater von zwei Söhnen der Arztberuf nicht. Sein Vater war Finanzbeamter, seine Mutter arbeitete in einem Kindergarten. Durch seine Tätigkeit am LKH II wuchs sein Interesse an der klassischen psychodynamischen Psychotherapie. „Wenn ich nach dem Dienst heimgegangen bin, habe ich immer Fachliteratur gelesen, Klassiker wie Jung oder Frankl.“ Für „seine“ Psychiatrie setzt sich der Primar zu 100 Prozent ein. „Ich bin Psychiater mit Leib und Seele!“

Mit diesem vollen Einsatz meisterte Dr. Schneider noch als geschäftsführender Oberarzt auch die großen Herausforderungen, die Corona mit sich brachte. „Wir haben die erste geschützte Covid-Station eingerichtet, mit zwölf Betten. Damals wussten wir noch gar nicht, wie das geht, zum Beispiel mit aggressiven Patienten. Eine Impfung gab es noch nicht. Wir mussten uns auch die Medikation überlegen, damit Covid-Kranke keine Sauerstoffunterversorgung bekommen. Viele Beruhigungsmittel dämpfen ja das Atemzentrum, die Corona-Kranken müssen aber schneller atmen, weil ihr Lungenvolumen reduziert ist. Da haben wir echte Pionierarbeit geleistet.“

Für 79 Betten am Standort Graz-Süd ist der Primar zuständig. Außerdem untersteht ihm auch eine psychiatrische Ambulanz in Bruck. 20 Ärzte und 73 Pflegekräfte arbeiten in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie 2. Dazu kommen mehrere Psychologen, Ergo-, Musik-, Physio-, Psycho- und Tanztherapeuten sowie Therapeuten für Arbeitstherapie und Sozialarbeiter. Die Patienten sind zwischen 18 und 70 Jahre alt. „Davor ist die Jugendpsychiatrie, danach die Alterspsychiatrie zuständig“, erläutert Michael Schneider.

Im Laufe seiner Karriere kam der sympathische Primar mit allen Altersgruppen in Kontakt. Besonders interessant findet er heute noch die so genannte nachgehende Psychiatrie bei Kindern und Jugendlichen. „Wir haben nach Wegen gesucht, Schulverweigerer wieder in die Schule zu integrieren.“ Gründe für deren Verhalten gebe es viele, erzählt der Psychiater. Ihm sei zum Beispiel ein Fall in Erinnerung, bei dem ein Bub den Schulbesuch einfach ablehnte. „Wir haben dann das Kind zu Hause besucht. Die Eltern waren  ein sehr erfolgreiches Paar, das das Kind adoptiert hatte. Er war nicht psychisch krank, nur innerhalb der Familie völlig isoliert. Das Haus war durchgestylt, das Kind lebte in einem Kinderzimmer am Ende eines langen Ganges, wohl, weil es irgendwie nicht zum Lebensstil passte, nicht herzeigbar war. Dadurch ist er hoch auffällig geworden, weil er sich ausgeschlossen fühlte.“ Man habe den Eltern dann gesagt, was die Hintergründe sein dürften, und sie änderten ihr Verhalten.

Kinder würden oft annehmen, sie selbst seien das Problem, weiß der Fachmann. „Wir müssen ihnen klarmachen, dass das nicht stimmt, sondern dass sie ein Problem haben und unter ihm leiden. Und wen oder was sie brauchen, um es zu lösen.“

Abgrenzung vom Patienten ist nicht das Thema von Primar Schneider. „Ich muss einigermaßen nachvollziehen können, was der Patient fühlt, wie er die Welt erlebt. Nur so kann ich ein Verständnis dafür entwickeln, was ihm helfen könnte.“ Dennoch gelinge es ihm, den Beruf auch wieder wegzuschalten. „Wenn man wie ich vor allem lösungsorientiert denkt, dann ist der Beruf nicht belastend. Das wird er nur, wenn es keine Lösung gibt. Das ist erst der Fall, wenn ein Patient überhaupt keine Perspektive mehr sieht und ich nicht weiß, welche Ressource ich anzapfen soll, um das zu ändern. Schlussendlich findet man aber fast immer einen Weg.“

Schneider und ein kleines Team schulen die Mitarbeiter des gesamten Krankenhausverbundes LKH II (Standorte Süd, West, Enzenbach und Hörgas) und im Bereich Deeskalation und Sicherheitsmanagement. „Dabei lernen sie, durch schwierige Situationen zunächst einmal psychisch und körperlich unbeschadet durchzukommen. Es geht auch um den Schutz der anderen Patienten, nicht nur um das Personal. Wenn man das einmal gelernt hat, gibt das eine gewisse Sicherheit. Das Gefühl, einer Situation gewachsen zu sein, ist auch ein Teil der Burn- out-Prävention.“

Ganz wichtig ist dem Primar die Entstigmatisierung der psychischen Erkrankungen. „Weil wir Menschen auch angstgetriebene Wesen sind, neigen wir dazu, psychisch Kranke auszugrenzen. Wir meiden sie, weil wir nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Wenn zum Beispiel meine Partnerin depressiv wird und ich auf sie einrede, sie aber depressiv bleibt, bin ich schnell überfordert. Und dann beginnt der Rückzug. Besser wäre es, schnell zum Psychiater zu gehen, das ist ja zum Glück keine Schande mehr, auch wenn es im Volksmund immer noch heißt, man geht zum Vogeldoktor.“ Eine der schlimmsten psychischen Erkrankungen sei mit Sicherheit die Psychose. „Unter anderem erleben viele Patienten ein Bedrohungsgefühl.“ Ein gesunder Mensch kann Dinge ausblenden, die gerade nicht wichtig sind. Beim Psychotiker funktioniert der Filtermechanismus oft nicht. Er ist ständig einer Unmenge sehr starker Eindrücke ausgesetzt, die er irgendwann als bedrohlich empfindet. Er kann zum Schluss nicht mehr unterscheiden, was real ist und was nicht.“ Weil Psychosen unter anderen auf eine gestörte Dopaminimbalance im Gehirn verursacht werden, seien sie aber gut medikamentös behandelbar.

Auslöser für Psychosen bei vulnerablen Patienten können unter anderem traumatische Erlebnisse sein, wie etwa körperliche Gewalt. „Aus Erschöpfung und der Beschäftigung mit dem inneren Schmerz verliert das Gehirn die Fähigkeit, in der Realität zu bleiben.“ Traumen bergen vor allem die Gefahr an einer posttraumatischen Belastungsstörung oder anderen psychischen Erkrankungen zu erkranken. Auch Depressionen können in Psychosen münden, wenn sich zum Beispiel ein Schuldwahn entwickelt. „Der Depressive fühlt sich schuldig, weil er nicht funktioniert, seine Umgebung, seine Familie belastet.“

Wichtig ist für den Primar auch die Unterscheidung zwischen einer harmlosen Episode im Leben und einer echten psychischen Erkrankung. Ein Faktor sei dabei die Dauer: „Wenn man zwei oder drei Wochen traurig ist, handelt es sich um eine depressive Verstimmung. Dauert diese Phase länger an, könnte es eine Depression sein. Depressionen können auch von Ursachen entkoppelt sein – man fühlt sich schlecht, ohne dass es einen konkreten Grund gibt.“ Ein Zeichen für eine psychische Erkrankung ist auch das Zusammentreffen mehrerer Symptome: Gestörter Nachtschlaf, Antriebslosigkeit, eine Störung des Sozialverhaltens oder Ängste seien Zeichen.

Generell ist für die psychische Stabilität nach Schneiders Ansicht vor allem ein intaktes und funktionierendes soziales Umfeld notwendig. „Genau das ist uns als Gesellschaft zum Teil abhandengekommen. Das war schon länger eine Tendenz – der Werbespruch ,Geiz ist geil‘ ist ein Symptom dafür. Nur auf sich zu schauen kann aber kein Weg sein.“ Corona habe diese Entwicklung noch beschleunigt, weil es den Rückzug auf möglichst kleine soziale Gruppen verursacht habe.

Wichtig sei auch ein Umdenken. „Wir müssen die psychische Erkrankung in die Mitte der Gesellschaft holen. Wir müssen die Mauern aufbrechen, weil es uns allen passieren kann. Niemand ist so widerstandsfähig, dass er nicht psychisch erkranken kann. So kann jeder im Alter von Demenz betroffen sein.“ Gut sei, dass Prominente inzwischen offen über psychische Probleme reden. „Die Psychiatrie muss ein offenes Krankenhaus sein, sie darf sich nicht von der Gesellschaft abkoppeln. Man muss sich dort im Fall des Falles genauso behandeln lassen, wie nach einem Infarkt auf der Herzstation.“

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Johann Holzer lebte für die Busse – jetzt feierte er seinen 100er

Johann Holzer

 

Er hat die eigene Busspur der GVB, heute Holding Graz, erfunden, wurde mehrmals zum freundlichsten und sichersten Busfahrer von Graz gewählt und war bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck einer der offiziellen Fahrer. Heute lebt Johann Holzer in einem Seniorenheim und feierte vor wenigen Tagen seinen 100. Geburtstag.

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Strafrichter ist ein harter Beruf

Mag. Caroline List steht seit sechs Jahren als Präsidentin an der Spitze des Landesgerichts für Strafsachen Graz. Die Juristin war auch die erste   Richterin, als sie vor 30 Jahren ihren Dienst antrat.

„Ich habe dort am 1. Jänner 1993 als Richterin begonnen. Damals bekleidete hier noch keine Frau das Richteramt. Zum Einstieg in eine reine Männerdomäne kam der Altersunterschied. Viele der alten Herren, die Richter waren, konnten uns junge Juristen nicht gleich als Kollegen akzeptieren“, erinnert sich die heute 58-Jährige. Mittlerweile sei das Verhältnis von Frauen zu Männern in der Richterschaft bei 50/50. Sie sei auch die erste gewesen, die am Straflandesgericht mit der Doppelbelastung Kinder und Beruf fertig werden musste. „Es war eine Herausforderung, die nicht immer leicht zu meistern war“, erzählt die Mutter zweier Töchter. Diese stehen inzwischen selbst kurz vor dem Abschluss ihrer Studien – Medizin und Jus.

Ursprünglich wollte Caroline List Strafverteidigerin werden. „Aber als ich das in der echten Situation gesehen habe, hat es mir nicht mehr so gut gefallen. Da war die Möglichkeit, in der Mitte zu sitzen und die Entscheidungen zu fällen, verlockender.“

Auch das Amt des Richters verlange einem Juristen einiges ab. „Sowohl die Funktion des Strafverteidigers als auch die des Strafrichters ist ein harter Beruf. Man wird laufend mit heiklen Situationen konfrontiert. Als Richter muss man um die Wahrheitsfindung kämpfen, als Verteidiger für den Mandanten. Dabei werden naturgemäß Konflikte ausgetragen, auch weil es für die Menschen vor Gericht um sehr viel geht.“

Grundsätzlich, so die Präsidentin, müsse man immer eine Abwägung zwischen Täter und Opfer treffen. „Man muss auch beim Täter überlegen, woher kommt das“, das gelte auch für Missbrauchsfälle. „Da sind die Täter ganz oft geschlagene und missbrauchte Kinder, die dann später selbst solche Taten setzen. Als Strafrichter braucht man das Verständnis nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Täter. Nicht Mitgefühl, aber eben Einfühlungsvermögen. Es gibt immer etwas, was auch für den Angeklagten spricht.“

Caroline List ist auch im Opferschutz tätig. Seit 13 Jahren arbeitet sie mit der ehemaligen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic in der Kommission für Opfer von Gewalt und Missbrauch durch Vertreter der katholischen Kirche. „Ich stehe auch in einem guten Kontakt mit den Opferschutzorganisationen des Landes.“

Ins Strafrecht zu gehen, ist für die Landesgerichtspräsidentin bis zu einem gewissen Grad Veranlagungssache. „Es gibt einfach Menschen, die gerne in diesem Bereich arbeiten, es spannend finden und die es sich zutrauen, sich in dieser Konfliktzone zu bewegen. Zu denen zähle ich mich gemeinsam mit ein paar Dutzend anderer Juristen in der Steiermark. Wir haben Gottseidank auch keine Nachwuchsprobleme.“

Bei Strafprozessen habe der Richter auch die Aufgabe, im Prozess auch von sich aus Beweise zu finden. „Man muss selber danach trachten, den Fall aufzuklären. Manchmal ist es den Verteidigern recht, manchmal nicht. Meistens ist der Fall schon gut aufbereitet, sonst käme es gar nicht erst zur Anklage. Selten kommt es im Prozess zu ganz großen Überraschungen.“

Auch als Gerichtspräsidentin spricht Caroline List regelmäßig Recht. Rund 100 Verhandlungen im Jahr führt die Juristin. Mordfälle sind nicht darunter, obwohl sie auch diese gerne verhandeln würde. „Es besteht halt die Gefahr, dass man ein Verfahren bekommt, das einen über mehrere Wochen blockiert. Das wäre mit der Verwaltungstätigkeit als Präsidentin schwer vereinbar.“

Ein tägliches Thema für die Richter sei die häusliche Gewalt. „Wenn es bei uns landet, steckt oft die Entscheidung der Frau dahinter, endlich zur Polizei zu gehen und Hilfe zu suchen.“ Das Gericht versuche dann, durch Weisungen an einen Verurteilten wie eine Therapie, längerfristig zu unterstützen. „Leider gibt es eine gewisse Anzahl von Frauen, die entweder nicht anzeigen oder nach einer Anzeige zum Gewalttäter zurückkehren.“

Das Strafrecht insgesamt hat sich nach Lists Ansicht geändert. „Es geht weg vom reinen Strafen, hin in Richtung Unterstützung, wenn man straffällig geworden ist. Auch Opfern werden viel mehr Rechte eingeräumt als noch vor 30 Jahren.“

Der Idee, Kinder schon ab 12 Jahren strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, steht List eher skeptisch gegenüber. „Ich sehe in meiner Praxis, dass Menschen bis 21 nicht immer reif genug sind, gut und schlecht zu unterscheiden. Manche erkennen das nie.“ Das Strafrecht sei die letzte Konsequenz, wichtig wären gute familiäre Verhältnisse und Hilfe von außen.

Als Präsidentin durfte Caroline List die Renovierung des Großen Schwurgerichtssaales begleiten. „Es war eine Freude, dass das Ministerium das Geld für die Sanierung und technische Aufrüstung frei gegeben hat.“ Sowohl Zeitplan als auch Kosten seien eingehalten worden.

Privat ist Singen und Kunst das große Hobby der Juristin. Seit 40 Jahren singt sie im Grazer Chor Resurrexit, der aus dem Kinder- und Jugendchor der Ursulinen hervorgegangen und auf kirchlich angehauchte Lieder spezialisiert ist. Sie genießt es auch, immer wieder Ausstellungen zu besuchen, „das gehört einfach zu meinen Leben”, so Caroline List. Daneben kocht sie gerne. Vor allem mediterrane Küche begeistert sie. „Früher war das viel italienisch, inzwischen habe ich mein Programm um die Rezepte aus dem Nahen Osten bereichert.“

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