„Die Herausforderungen hören nicht auf“

Der Steirer Kurt Egger ist nicht nur Chef des Wirtschaftsbundes Österreich, sondern auch Nationalratsabgeordneter und Mediensprecher der ÖVP. In der Politik hält er den persönlichen Kontakt nach wie vor für unverzichtbar, auch wenn alles schneller geworden sei.

Seit fünf Jahren sind Sie Generalsekretär des Wirtschaftsbundes Österreich. Was konnte in dieser Zeit für die Unternehmen erreicht werden?

Es waren spannende Zeiten. Ich bin mitten in den Wahlkampf für die WKÖ-Wahlen eingetaucht, die für den Wirtschaftsbund sehr gut verlaufen sind. Unmittelbar danach waren wir mit dem ersten Corona-Lockdown konfrontiert. Wir mussten sehen, wo wir den Betrieben helfen können, und sind dabei selbst im Notbetrieb gefahren. Wir mussten ein auseinanderdividieren der Branchen und der gesamten Gesellschaft verhindern, was sehr herausfordernd, aber im Nachhinein gesehen erfolgreich war. Letzten Endes sind wir als Volkswirtschaft erfolgreich aus der Covid-Krise hervorgetreten und haben Betriebe und Arbeitsplätze gerettet. Dann kam der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und damit die nächste Krise, die explodierende Energiepreise und eine Inflation nach sich zog. Die globalen Herausforderungen hören nicht auf. Unser An- spruch, den Menschen in diesem Land zu helfen, aber ebenso wenig.

 

Vor zwei Jahren sind Sie auch Mitglied des Nationalrates geworden. Wo kann man mehr bewegen – dort oder im Wirtschaftsbund?

Die Kombination macht es aus. Der Wirtschaftsbund gehört zu den wichtigsten Fraktionen innerhalb der Volkspartei und stellt den Wirtschaftskammerpräsidenten, zwei Bundesminister und alle neun Landespräsidenten der Wirtschaftskammer. Das ermöglicht, einem Spielraum zu gestalten, und zusammen mit dem Abgeordnetenmandat kann ich viel für die Unternehmen bewegen.

 

Beide Jobs bedingen die Anwesenheit in Wien. Wo ist inzwischen Ihr Lebensmittelpunkt?

Der ist nach wie vor in Graz. Ich bin Montag bis Donnerstag in Wien. Den Rest der Woche in Graz. In der heutigen Zeit hat man jedoch die Möglichkeit, für die Anliegen der Menschen aus Graz und aus Wien immer erreichbar zu sein, egal wo man sich gerade befindet.

 

Was sind die größten Herausforderungen, vor denen die österreichische Wirtschaft momentan steht? Und wie lassen sie sich bewältigen?

Die größte Herausforderung ist nach wie vor der Arbeitskräftemangel, dicht gefolgt von den hohen Energiepreisen und einer weiterhin hohen Inflationsrate, die zwar sinkt, aber noch immer zu hoch ist. Leider sind das Themen, die sich nicht Ad Hoc lösen lassen, da werden wir Geduld brauchen. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung auch Maßnahmen beschlossen, um die Bevölkerung und Wirtschaft dabei zu unterstützen, in diesen herausfordernden Zeiten durchzuhalten. Und für die Zukunft bin ich zuversichtlich, dass sich die heimischen Betriebe wie schon in der Vergangenheit schnell an neue Situationen anpassen werden.

 

Es gibt Kritik, dass die Regierung die Unternehmen mit Förderungen und Beihilfen wie aus dem Füllhorn überschüttet. Auf der anderen Seite kritisieren viele vor allem kleinere Betriebe, dass sie zu wenig Unterstützung erhalten. Was trifft hier zu?

Besonders die Covid-Pandemie war eine Situation, auf die global betrachtet keine Volkswirtschaft vorbereitet war. Genau deshalb war es unbedingt notwendig, Unterstützung anzubieten und es musste schnell gehen. Im Nachhinein hätte man das eine oder andere anders machen können, aber das ist die Sicht der Rückwärtsversteher, die mit dem Wissen von heute die Situation von vorgestern beurteilen – was keine große Kunst ist. Wenn wir uns das letzte Jahr ansehen, hatten wir ein Wirtschaftswachstum von knapp fünf Prozent. Das wäre in aller Deutlichkeit nicht möglich gewesen, wenn wir die Betriebe in diesem Land nicht so unterstützt hätten, wie wir es getan haben. Das hat uns nach dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Konflikts einen konjunkturellen Vorsprung verschafft, bevor uns dieses Jahr die Energiekosten und Teuerung wirtschaftlich eingeholt haben. Auch da war es wichtig einzugreifen, um die Kaufkraft zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit sicher zu stellen.

 

Viele Unternehmen klagen, dass sie keine Mitarbeiter finden. Gleichzeitig haben über 50-Jährige auf dem Arbeitsmarkt immer noch kaum Chancen, erhalten auf Bewerbungen oft nicht einmal eine Antwort. Was läuft da falsch?

Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage eingetrübt hat, es werden in den Betrieben händeringend Mitarbeiter gesucht. Das sieht man an den trotz Rezession konstanten Zahlen der Arbeitslosen und offenen Stellen. Wir haben aktuell laut unserem WB-Stellenmonitor 207.000 offene Stellen. Um die Zahl der älteren Arbeitslosen zu senken, haben wir bereits wichtige Maßnahmen gesetzt, zum Beispiel die Aktion Sprungbrett, die sehr gut angenommen wird und seit April 2021 die Zahl der Langzeitarbeitslosen, zu denen auch oft über 50-Jährige zählen, um mehr als die Hälfte reduziert. 

 

Die Jüngeren achten nicht mehr in erster Linie auf die Höhe des Gehaltes, sondern stellen die Work-Life-Balance ins Zentrum. Was muss die Wirtschaft ihnen anbieten, um sie als Mitarbeiter zu gewinnen?

Es ist mittlerweile ein Arbeitnehmermarkt. Angestellte können sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Die Betriebe benötigen sicher keine Tipps von meiner Seite, wie sie damit umgehen. Work-Life-Balance ist ein Begriff, der oft falsch verwendet wird. Es gibt genug junge Menschen, die gerne mehr arbeiten wollen, aber es muss sich auch auszahlen. Arbeit muss sich lohnen. Wer etwas leistet, muss auch mehr verdienen können. Da wurden insbesondere in den letzten Monaten Anreize gesetzt. Der Ausbau der steuerbegünstigten Überstunden und der flächendeckenden Kinderbetreuung sowie die Abschaffung der Kalten Progression, die wohlbemerkt ein echter Gamechanger ist. Unser Sozialsystem ist auf Solidarität aufgebaut. Wenn nicht alle fair ihren Beitrag leisten, wird das System irgendwann kollabieren. Es nur auszunutzen, ist unfair jenen gegenüber, die jeden Tag in der Früh aufstehen, um arbeiten zu gehen.

 

Sie sind auch Mediensprecher der ÖVP. Kommt in den Medien genug Wirtschaft vor? Wie kompetent sind die Medien in Wirtschaftsfragen? Wie kann man Wirtschaft für ein breiteres Publikum interessanter machen?

Mediensprecher ist eine der spannendsten Herausforderungen meiner politischen Karriere, der Spagat zwischen einem öffentlich-rechtlichen Auftrag und der Medienvielfalt ist oft herausfordernd, aber machbar. Viel Wirtschaftskompetenz gibt es in den Medien sicher, aber es kann nie genug sein. Wir müssen mehr über wirtschaftliche und volkswirtschaftliche Themen sprechen. Es wäre schön, besonders spannende Unternehmen öfter vor den Vorhang zu holen und das Bild vom „bösen“ Unternehmer, wie es politische Mitbewerber gerne darstellen, zu widerlegen.

 

Immer mehr vor allem junge Menschen beziehen ihre Informationen vor allem aus den Sozialen Medien, die – höflich formuliert – nicht die verlässlichste Quelle sind. Was kann die Politik tun, um den klassischen Medien wieder zu mehr Gewicht zu verhelfen?

Wir haben sehr stark mit Fake News und Echokammern zu kämpfen. Auch die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ist eine Herausforderung für die Politik, die Rahmenbedingungen schaffen muss. Im Umbruch der Medienlandschaft werden sich der Qualitätsjournalismus und digitale Produkte behaupten.

 

Sie sind seit 1997 in der Politik. Hat sich diese verändert? Und was ist besser, was ist schlechter geworden?

Politik ist anders geworden. Früher lief alles ausschließlich über den persönlichen Kontakt. Heute ist die Geschwindigkeit viel höher, was an den Kommunikationsmitteln liegt. Und schließlich stehen Politiker immer unter Beobachtung, seit in jedem Handy eine Kamera installiert ist. Politik war schon einmal lustiger. Aber es ist nach wie vor spannend, ein Land gestalten zu dürfen. Das persönliche Gespräch ist immer noch durch nichts zu ersetzen.

 

Was sind Ihre Wünsche und Pläne für die politische Zukunft?

Persönliche Ambitionen habe ich keine. Ich hoffe auf mehr Miteinander in der Politik, dass das gegenseitige Anpatzen aufhört und man wieder das Gemeinsame vor das Trennende stellt. Die Politik der schnellen Schlagzeile sollte man in den Hintergrund stellen. Wir leben in einem der schönsten Länder der Erde, das sollten wir wieder schätzen lernen.

 

Wie stark sind Sie noch im Grazer Wirtschaftsbund engagiert?

Ich habe nach wie vor gute Kontakte und unterstütze ihn, so gut ich kann.

 

Auch über Privates gibt Kurt Egger im Gespräch Auskunft. Es sei eine falsche Entscheidung mit 14 Jahren gewesen: „Ich habe drei Jahre in die HTL investiert, statt gleich eine Lehre zu starten.“ Mit 17 begann Egger dann, Gas-Wasser-Installateur und Technischer Zeichner zu lernen. Sein schönstes Erlebnis, so der Politiker, sei definitiv „die Geburt meiner zwei Kinder“ gewesen. Auch die Angelobung als Nationalratsabgeordneter „war unvergesslich“. Viel Freizeit bleibt Egger nicht, aber das wisse man, wenn man in die Politik gehe. Laufen und Tennis geht sich manchmal aus. „Und der Kontakt zu meinen Freunden ist mir wichtig, den pflege ich.“

Er sei ein Mensch, der herzhaft lachen könne, betont Egger. „Ich versuche immer, positiv und fröhlich gestimmt zu sein. Lachen kann ich zum Beispiel über ein gutes Kabarett.“ Die Schlagzeile, die er gerne über sich lesen würde, kennt Egger schon seit langer Zeit: „Karriere mit Lehre. Dafür bin ich ein gutes Beispiel!“

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Elke Kahr bringt vieles weiter

Vor 40 Jahren ist Elke Kahr der KPÖ beigetreten, seit zwei Jahren ist die 62 Jahre alte Politikerin Bürgermeisterin der Stadt Graz. Seitdem hat sich in der Landeshauptstadt einiges getan.

Vieles sei weitergegangen in ihrer Amtszeit. „Wir haben unser Versprechen, dass wir den Blick von unten haben werden, eingehalten. So haben wir neue Nachbarschaftszentren errichtet, 14 gibt es mittlerweile. Die Einrichtungen sind unglaublich wichtig, die Menschen können dort zusammenkommen, ihre Sorgen mitteilen, kochen, Lernhilfe erhalten und viele weitere Angebote nützen.

Der Bezugskreis der Sozialcard der Stadt Graz wurde ausgeweitet. „Die Card war der erste Dringlichkeitsantrag der KPÖ in den 90er-Jahren“, erinnert sich die Bürgermeisterin, die in der Stadtregierung auch für Soziales zuständig ist. Mit der Karte könne man verschiedene Sozialleistungen beziehen und müsse nicht um jede Leistung extra ansuchen.

310 Gemeindewohnungen wurden in den letzten beiden Jahren neu errichtet, erzählt Elke Kahr. „Mehr als 1.000 Familien wurden allein im Vorjahr Gemeindewohnungen neu zugewiesen, es waren so viele wie noch nie.“ Bestehende Objekte wurden teilweise aufgewertet, etwa durch Balkonanbauten, thermische Sanierung oder die Entsiegelung von Außenflächen.

Für die zweite Hälfte ihrer Amtszeit plant die Bürgermeisterin, die das Referat Wohnen überhat, weitere neue Gemeindewohnungen bauen zu lassen. 500 sollen es insgesamt werden während Kahrs Amtszeit. „Wir errichten die Wohnungen in einer Qualität, mit der mancher frei finanzierte Wohnbau nicht mithalten kann.“ Ansuchen könne prinzipiell jeder, der mindestens schon ein Jahr lang in Graz lebt und arbeitet. „Auch wenn er knapp 3.000 Euro netto verdient. Wohnen ist in den Ballungszentren für den Großteil der Menschen nicht mehr bezahlbar. 50 bis 60 Prozent des Gehalts gehen dafür auf. Da bleibt nicht mehr viel übrig. Und wenn dann eine unvorhergesehene Ausgabe dazu kommt, ist der Weg in die Schuldenfalle vorprogrammiert.“

Die Mieten sollten vom Staat begrenzt werden, ist Kahr überzeugt. „In Frankreich wird das gemacht, warum nicht auch bei uns?“ Außerdem müsste der Wohnbauförderbeitrag, den jeder Arbeitnehmer bezahlt, wieder zweckgewidmet für den öffentlichen Wohnbau verwendet werden.

In der Stadtkoalition aus KPÖ, SPÖ und Grünen könne man vieles schaffen, versichert die Bürgermeisterin. Zum Beispiel die Gesundheitsdrehscheibe in der Annenstraße, wo die Bürger eine Erstberatung in allen medizinischen Fragen erhalten. „Das Projekt ist österreichweit einzigartig.“ Auch das Grazer Pflegefinanzierungsmodell sei ein Meilenstein: „Die Mindestpension muss den Bürgern bleiben, auch wenn sie eine Heimhilfe beantragen. Früher wurden die Kosten dafür abgezogen, dadurch wurden die Menschen ins Heim gedrängt. Jetzt können sie in ihrem Zuhause bleiben.“

Ein Schwerpunkt ist für Elke Kahr der weitere Ausbau des Öffentlichen Verkehrs. Das sei das Herzstück der Mobilität. „Wir sind nicht gegen Autos in der Stadt, aber der vorhandene Platz ist einfach zu wenig. In der Innenstadt ist es wichtig, dass die Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer sowie die Öffis gut ausgebaut ist und eine Verkehrsberuhigung erfolgt. Davon profitieren unterm Strich auch alle Menschen.“

Kritik, wonach die KPÖ einerseits einen Gebührenstopp fordere, in Graz aber andererseits die Preise z. B. für die Müllabfuhr kräftig erhöht worden seien, will Kahr nicht gelten lassen. „Wir haben auf kommunaler Ebene, wo wir direkten Einfluss haben, bisher die Mieten der Gemeindewohnungen nicht erhöht. 2022 wurden die Gebühren für Wasser, Kanal und Müll für alle Bürger der Stadt Graz nicht angehoben. Graz bietet viele Leistungen für alle Steirer – in der Kultur, der Bildung und im Sport – das wird jedoch vom Land Steiermark nicht ausreichend gesehen.“

Im Laufe ihrer langen politischen Karriere hat die Bürgermeisterin mehr als eine Million Euro ihres Gehalts für die Unterstützung von Grazern in Notlagen gespendet. „Ich bin nicht wegen des Geldes der KPÖ beigetreten. Mir ist immer daran gelegen, allen Leuten auf Augenhöhe zu begegnen und ganz konkret zur Seite stehen.“

Ihren Entschluss, an die Spitze der Stadtregierung zu gehen, hat Elke Kahr nie bereut. „Ich sehe ja den Sinn meiner Arbeit und dass  etwas weitergeht.“ Ambitionen, in die Bundespolitik zu gehen, hat die Bürgermeisterin keine. Sie wird die Stadtpolitik nicht verlassen. „Das wäre, wie wenn ich eigene Kinder habe und plötzlich sage, ich mag euch nicht mehr, ich kümmere mich jetzt um die Nachbarskinder.“ Sie brauche auch den Drang nach oben gar nicht. „Wir haben für die Nationalratswahlen zwei tolle Spitzenkandidaten. Vielleicht schaffen wir ja den Einzug ins Parlament. Ich bin jeden Fall guten Mutes.“

Die kommunale Ebene ist für Elke Kahr immer noch die Schönere. „In Graz ganz besonders. Es gibt über alle Parteigrenzen hinweg eine gute Gesprächsebene. Etwas mehr Sachlichkeit in der Diskussion würde ich mir aber wünschen.”

„Was sich geändert hat, ist, dass die Auseinandersetzung oberflächlicher geworden ist. Früher war es sachorientierter.“ Social Media habe dazu geführt, dass „es wichtiger geworden ist, ein gutes Selfie zu machen, als mit Argumenten zu arbeiten. Die Politiker merken gar nicht mehr, dass sie Gefangene dieses Systems sind. Ein Stück weit ist die Menschlichkeit verlorengegangen.“

Seit 35 Jahren lebt Elke Kahr in einer Partnerschaft mit dem früheren KPÖ-Landeschef Franz Stephan Parteder, 2018 haben sie geheiratet. Das Paar hat einen 32-jährigen Sohn, Parteder noch eine Tochter. Vier Enkel gibt es mittlerweile.

„Ich könnte das alles nicht machen, wenn es Franz nicht gäbe. Er ist mein Rückhalt – das ist die ganze Familie für mich. Ich habe mein Leben lang viel gearbeitet, das würde man nicht aushalten, wenn man daheim keine Stütze hat.“

Elke Kahr kann über viele Dinge lachen. „Humorlos bin ich wirklich nicht. Ich lache gern, manche sagen sogar zu viel. Schmähführen habe ich gerne. Ich lege nicht jedes Wort auf die Waagschale, das ist nicht gut.“

Wenn Elke Kahr sich einen Prominenten aussuchen könnte, mit dem sie einen Tag verbringt, wäre das der ehemalige britische Labour-Chef Jeremy Corbyn. „Mit ihm würde ich mich gerne austauschen, vor allem gefällt mir die Klarheit seiner Sprache und die Parteilichkeit für die arbeitenden Menschen.“

Hobbys hat die Stadtchefin einige. „Ich bin Filmliebhaberin, ohne Musik kann ich auch nicht leben.” Natürlich liest Kahr viel: „Wir haben gut 10.000 Bücher und Schallplatten daheim in unserer Mietwohnung.“

Sie fährt einen Citroen Berlingo. Das Auto nützt sie aber nur unregelmäßig. Die Bürgermeisterin beansprucht auch keinen Chauffeur. „Ich zahle meine Taxis selbst, fahre mit den Öffis oder mit dem Rad ins Rathaus und zu Terminen.”

Die Politik war ihr nicht in die Wiege gelegt. „Als Kind wollte ich Abenteurerin werden. Ich habe mich auf Piratenschiffen gesehen oder als Landkartenzeichnerin. Damals wusste ich nicht, dass man für letzteres Geografie studieren kann. Mein Vater hat mit ein Buch ,Länder der Erde‘ geschenkt. Das habe ich auswendig gekannt.“

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Christian Purrer setzt die Steiermark unter Strom

Seit 2011 ist Christian Purrer als Vorstandssprecher Chef in der Energie Steiermark. Der 68-Jährige ist dafür verantwortlich, dass der Großteil der Steirerinnen und Steirer mit Strom versorgt wird. Purrers Vorstandmandat läuft noch bis 2025. Verlängern will er es nicht – „dann bin ich 70 und es ist Zeit, aufzuhören“, versichert der Manager. Eine Schlagzeile würde er zum Abschied gerne über sich lesen: „Es war und ist eine gute Zeit für die Energie Steiermark gewesen, es gab auch nie Skandale.“

Die Großhandelspreise für Strom sind zuletzt gesunken, die Energie Steiermark hat ihre Tarife ebenfalls verbilligt. Wie schätzen Sie die Entwicklung der nächsten Monate ein?

Wegen des Krieges in Israel sind die Strompreise auf dem Markt leicht gestiegen. Ich schätze, dass diese Krise die Preisentwicklung nicht wesentlich beeinflussen wird, aber weiter nach unten dürfte es nicht gehen.

 

Wieviel Strom hat die Energie Steiermark im Vorjahr verkauft und wieviel wurde davon selbst erzeugt?

Wir haben ungefähr 6.900 Gigawattstunden – das sind sechs Milliarden Kilowattstunden - verkauft, davon waren rund 200 Gigawattstunden aus Eigenerzeugung. Wir sind stark vom Zukauf abhängig, weil wir die Wasserkraftwerke in die Verbund Hydro Power eingebracht haben.

 

Lässt sich die Entwicklung des Stromverbrauchs für heuer schon abschätzen?

Ja. Der Stromverbrauch der Haushalte ist um circa sieben Prozent weniger geworden. Grund dafür sind die höheren Tarife – die Menschen sparen. Beim Gas waren es sogar 15 Prozent weniger, was am warmen Winter lag. Auch die Industrie hat den Verbrauch reduziert. Insgesamt werden wir ca.fünf Prozent weniger Absatz haben.

 

Wofür wird der Strom im Einzelnen eingesetzt?

Für Mobilität, Wärme, Maschinen und Licht. Das sind die Hauptverbraucher. Strom war jahrzehntelang überhaupt kein Thema für die Allgemeinheit. Durch Photovoltaik, die Preise und die Angst um die Versorgungssicherheit ist er jetzt in aller Munde. Die Leute suchen Möglichkeiten, Strom zu sparen, und montieren PV-Anlagen.

 

Bringen die Solarpaneele aus dem Baumarkt, die man in die Steckdose anschließt, etwas?

Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. So ein Balkonpaneel hilft vielleicht ein bisschen über Mittag, wird die Stromrechnung aber nicht viel kleiner machen. Dafür braucht es schon ein ganzes Hausdach und einen Speicher. Dann kann man 70 bis 80 Prozent des Strombedarfs abdecken.

 

Immer mehr Bürger rüsten sich mit Photovoltaik-Anlagen aus. Welche Herausforderungen bringt das für die Energie Steiermark?

Das ist eine riesige Herausforderung für uns. Heuer haben wir drei Mal so viel PV-Anlagen ans Netz gebracht wie 2022. Das bedingt eine komplette Umfigurierung des Netzes.

 

Immer wieder ist von einem drohenden Blackout die Rede. Wie sicher ist die Stromversorgung der Steiermark?

Sie hängt von der Stromversorgung in ganz Österreich ab. Wenn ein Land gegen einen Blackout abgesichert ist, dann ist das Österreich. Wir haben viel eigene Wasserkraft, wir haben die Pumpspeicher und wir haben ein Krisenmanagement, das Teilbereiche abschalten kann. Das Thema Blackout wird überbewertet, weil ein Geschäft dahintersteckt. Man will ja Notstromaggregate verkaufen...

 

Sollte es tatsächlich zu einem Blackout kommen, welche Auswirkungen hätte das auf die Menschen?

Das wäre eine Katastrophe. Wenn es zwei bis drei Tage keinen Strom gibt, ist das dramatisch. Es ist die Frage, ob alle Notstromaggregate, etwa in Krankenhäusern, funktionieren. Ohne Strom gibt es kein Licht, keine Kassen, kein Wasser, keine Heizung. Das kann man sich gar nicht vorstellen.

 

Haben Sie Tipps, wie man sich auf einen Blackout vorbereiten soll?

Man kann sich nicht auf den Stromausfall an sich vorbereiten. Aber es ist sicher vernünftig, Taschenlampen, Batterien, Essen und Trinken auf Vorrat zu haben.

 

Stichwort Elektromobilität: Sollten E-Fahrzeuge in großem Stil verbreitet sein, reicht dann die verfügbare Strommenge und wie sieht es mit der Verteilungsinfrastruktur aus?

Grundsätzlich ist die E-Mobilität etwas sehr Gescheites. Es ist aber eine Illusion, sämtliche Benzin- und Dieselautos zu ersetzen. Derzeit reichen unsere Erzeugung und die Infrastruktur aus, um bis zu 25 Prozent aller Autos elektrisch betreiben zu können. Für mehr müsste die komplette Verteilungsinfrastruktur umgebaut werden. Für den Schwerverkehr muss es ohnehin andere Techno- logien wie Brennstoffzellen oder E-Fuels geben.

Außerdem geht die Entwicklung zum Teil in die falsche Richtung. Riesige Elektroautos mit unglaublichen PS-Zahlen sind der falsche Weg. Wichtig wäre es, kleine Autos mit kleinen Batterien und kleinen Reichweiten zu bauen. Für die Stadt reicht das völlig.

 

Die Energie Steiermark errichtet laufend Ladestationen. Wie geht es damit weiter, vor allem im städtischen Bereich und im gesamten Großraum Graz?

Jeder erreicht innerhalb von 15 Kilometer eine Ladestation. Worauf wir uns aber fokussieren müssen, sind die Schnelllader an den Autobahnen und Schnellstraßen.

 

Das Unternehmen befasst sich nicht nur mit Elektrizität, sondern auch mit Gas und Wärme. Was tut sich in diesen Bereichen?

Beim Gas sind wir stabil und teilweise auf dem Rückzug. Immer mehr Menschen ersetzen ihre Gasheizung durch Wärmepumpen. Fernwärme ist ein Wachstumsmarkt, besonders in Graz. Dort müssen wir die Erzeugung möglichst CO2-neutral machen.

 

Bei der Ausbildung des Nachwuchses setzt die Energie Steiermark auf das E-Campus. Hat sich dieses Konzept bewährt?

Unbedingt. Wir haben die Zahl der Lehrlinge von 18 auf 25 pro Jahr erhöht. Der Campus hat eine der besten Lehrwerkstätten überhaupt und die jungen Leute haben eine Anstellungsgarantie. Bis jetzt wollten alle bleiben. Insgesamt haben wir mehr als 2.000 Mitarbeiter.

 

Bekommen Sie genügend talentierte und interessierte junge Menschen, die im Energiesektor arbeiten wollen?

Wir setzen auf Grüne Energie. Das zieht die Jungen an. Sie wollen etwas Sinnvolles machen. Wir suchen allerdings laufend Leute für die IT. Da fehlen uns immer wieder gute Mitarbeiter.

Neben seinem Beruf als Vorstand der Energie Steiermark ist Christian Purrer im Sport engagiert. Er ist Präsident des Allgemeinen Sportverbandes Österreichs und leitet auch die Steiermark-Sektion. „Wir schicken Trainer in die Schulen, bringen die Kinder zum Sport, bilden die Übungsleiter aus und kümmern uns um die Sportstätten. Der ASVÖ betreut 48 Sportarten, wir reden da von 850 Vereinen allein in der Steiermark. Da gibt es die großen, berühmten Vereine wie GAK, Sturm, Hartberg im Fußball oder den Wintersportverein Schladming aber auch die vielen, vielen kleinen.”

„Werner Kogler als zuständiger Minister hat es geschafft, die Sportförderung von 80 auf 120 Millionen Euro zu erhöhen. Dafür bin ich dankbar. In der Pandemie war Bewegung ein Randthema. Das soll jetzt nachgeholt werden.“ Menschlich sei der Politiker schwer in Ordnung. „Er war immer ein Murkraftwerk-Gegner, war aber immer Vermittler zwischen Gegnern und Befürwortern. Ich finde, er ist ein grader Michl.“

Man dürfe nicht vergessen, dass der ASVÖ ehrenamtliche Struktur ist. „Das gilt auch für mich. Ich mag es, wenn die Ehrenamtlichen Vorbild sind und selbst Sport betreiben. Darum gehe ich auf die Berge, fahre Rennrad und mit dem Mountainbike und skate im Winter. Im Durchschnitt komme ich so auf fünf Stunden Sport pro Woche und 100.000 Höhenmeter im Jahr. Meine häufigen Gänge auf den Schöckl sind für mich die wichtigste Entspannung.”

Christian Purrers schönste Erlebnisse hängen mit seiner Tochter Katrin zusammen: „Die Einschulung, der Maturaball, ihre Erfolge im Sport. Heute ist sie auch schon 37“, schmunzelt der Vorstandssprecher.

Was bei Christian Purrer gar nicht geht, sind Intrigen. „Ich verabscheue es, wenn offensichtlich die Unwahrheit gesagt wird, um jemanden anzuschwärzen.“ Lachen hingegen kann er über österreichische Kabarettisten.

Außerdem ist der Vorstand musikalisch. „Ich habe Geige gelernt, kann Gitarre spielen und singen. Da bevorzuge ich Countrymusic, etwa von Johnny Cash.“ Die Gitarre würde er auch auf eine einsame Insel mitnehmen: „Zusammen mit Fahrrad und Handy.“

                            

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Ein Spitzenchirurg machte dem langen Leiden von Erika ein Ende

Erika Krahfuss ist 82 Jahre alt und lebt mit ihrem 84-jährigen Mann Alfred in Kapfenberg. Das Leben der Seniorin fing allerdings erst 2017 wirklich an: Nach einem Unfall in ihrer Jugend konnte sie ihre Hand nicht mehr benutzen und litt ständig an Schmerzen. Erst eine Operation durch den Unfallchirurgen Primar Dr. Michael Plecko brachte ein Ende der Schmerzen und so etwas wie Normalität. 

Die Obersteirerin lebte in der Hochschwabsiedlung in Kapfenberg, dahinter liegen die Gleise des Bahnhofs der Stadt. In den 50er-Jahren gingen noch viele Menschen über die Schienen und nutzten so eine Abkürzung, um schneller ins Kino oder ins Freibad zu gelangen. Auch die 15-jährige Erika Krahfuss benützte diesen Weg, genau dieser Leichtsinn wurde ihr zum Verhängnis.

Als ein Zug kam, blieb Erika zwischen den Geleisen stehen, um ihn abzuwarten. Gleichzeitig kam ganz plötzlich ein Zug aus der Gegenrichtung. Der starke Luftdruck erfasste das Mädchen, schleuderte es auf das Trittbrett eines Waggons, das ihm die Hand fast abtrennte. „Die ist nur mehr an einem Stück Haut gehangen“, erzählt Familie Krahfuss.

Erika wurde in das Unfall-Krankenhaus nach Graz gebracht und sofort operiert. Es musste Haut vom Oberschenkel genommen werden, um den Arm zu retten. Zurück blieb allerdings ein „Schlottergelenk“. Damit wird ein Gelenk bezeichnet, das viel zu viel Bewegungsfreiheit hat, weil die Bänder zerstört sind oder die Knochenstruktur nachhaltig geschädigt wurde. „Mit nur einer Hand konnte ich natürlich nicht viel selbst machen“, so Erika. Vor ihrem tragischen Unfall lernte das 14-jährige Mädchen Verkäuferin im nahgelegenen Konsum. Später fand sie bei Böhler in der Lochkartenabteilung eine Anstellung, in der sie trotz Einschränkungen einen guten Job machte.

Vor 42 Jahren war Erika auf der Stolzalpe in Behandlung. Sie traf auf einen Arzt, der sich dann mit einem Kollegen aus der Schweiz austauschte, um der leidenden Frau möglicherweise helfen zu können. Die Ärzte haben sich entschieden, Erika im UKH Kalwang zu operieren. Es wurde ein Plastik-Gelenk in die schlotternde Hand implantiert. „Es handelte sich um ein Kardangelenk, das sich sowohl drehen wie auch knicken kann“, erinnern sich Erika und Adolf.

Leider kam es zu Komplikationen. Der Arm wurde immer dicker, füllte sich mit Blut und Erika hatte unerträgliche Schmerzen. Es wurde so schlimm, dass sie sogar daran dachte, sich das Leben zu nehmen. Ein Arzt wollte unbedingt amputieren, ein anderer war dagegen. Auch das Ehepaar kämpfte darum, den Arm von Erika zu erhalten. „Er wurde dann hochgebunden und die Schmerzen besserten sich, weil die Schwellung langsam zurückging.“

„Ich konnte nach der OP sogar Schwimmen und Radfahren“, erinnert sich Erika Krahfuss. „Nur Kraft hatte ich keine in der Hand – aber die habe ich heute noch nicht. Zum Wäscheaufhängen hat es aber gereicht“, schmunzelt die Seniorin.

Die Schmerzen hielten bei Erika leider an und das Kunststoff-Gelenk nutzte sich mit der Zeit ab. 2016 empfahl ihr ihre Hausärztin den Chirurgen Dr. Michael Plecko. Das Ehepaar fuhr ins UKH-Graz zu ihm, er erklärte sich trotz der ausgedehnten Defekte einverstanden, eine Operation zu wagen. Das künstliche Gelenk musste der Chirurg in den USA als Sonderanfertigung bestellen. Das normalerweise dafür vorgesehene war zu kurz.

Endlich war es soweit, Erika wurde operiert. Als Alfred am nächsten Tag zu Besuch kam, sah er seine Frau und war verzweifelt. Sie hatte vier Schläuche im Arm und rührte sich nicht. Ich habe nur gedacht: „Haben wir das Richtige getan? Aber am nächsten Tag saß meine Frau bereits im Bett und konnte sogar kurz zum Plaudern mit mir aus dem Krankenzimmer gehen. Wir haben beide vor Freude geweint, es war unglaublich.“

Drei Wochen musste sie stationär bleiben und bekam eine tägliche Therapie. Bei jeder Visite, die Dr. Plecko durchführte, machte auch er mit Erika Übungen. Ein Arzt aus dem OP-Team sagte spontan „Da haben wir ganz schön viel Zement gebraucht“ und lachte. Um das Handgelenk besser zu fixieren – die Unterarmknochen waren ebenfalls geschädigt – war später noch ein Eingriff notwendig. „Eines Tages hat Dr. Plecko angerufen und uns mitgeteilt, wir sollen schnell ins UKH-Graz kommen“, erinnern sich die Obersteirer. „Es gäbe einen Spenderknochen, der eingesetzt werden könne. Wir sind dem Chirurgen unendlich dankbar, er ist ein Genie.“

Trotz der vielen Leiden blickt das Paar auf ein glückliches Leben zurück. Beide sind aus Kapfenberg und kannten sich schon als Kinder, irgendwann verliebten sie sich ineinander und es wurde 1963, als Erika 22 Jahre alt, war geheiratet.

Auch Alfred blieb vom Schicksal nicht verschont. Eines Tages wurde bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert, und bei einem Arbeitsunfall bei Böhler in Kapfenberg verlor er schon in jungen Jahren drei seiner Finger. Geistesgegenwärtig nahm er die abgetrennten Finger in seine Faust und fuhr ins Krankenhaus nach Graz. Zwei davon konnten gerettet und wieder angenäht werden. Als er in Tobelbad auf Reha war, bekam er regelmäßig Besuch von Erika. „Sie war die Einzige, die kam. Ein Jahr später haben wir geheiratet“, erzählt der heute 84-Jährige glücklich.

Gerne denken sie auch an ihren ersten Urlaub in den 70er-Jahren zurück. „Wir sind nach Rumänien geflogen, in ein All-inklusive-Hotel. Dort haben wir das erste Mal ein großes Buffet gesehen und waren überwältigt.“ Heute sind leider keine Urlaubsreisen mehr möglich, „wir sind zu alt, Erika hört schlecht und kann nach einem Oberschenkelhalsbruch nur schlecht gehen.” Den Humor haben die beiden aber trotz allem nicht verloren, im Gegenteil. Alfred kümmert sich rührend um Erika. Er kocht seit 30 Jahren für die beiden. „Ich habe einen wöchentlichen Menüplan.“ Aber einmal in der Woche gibt es immer dieselbe Nachspeise: Sauerrahm, Topfen und Staubzucker. „Seit unserer Hochzeit essen wir das regelmäßig. Das schmeckt einmalig“, sind sich die beiden einig und lachen herzlich. Wir hatten das Gefühl, dass sie sich noch immer lieben.  

 

Eine schwierige Operation mit einer Spezialprothese  

Die letzte Operation an Erika Krahfuss hat der Chef der Abteilung für Orthopädie und Traumatologie am UKH Graz, Primarius Dr. Michael Plecko, durchgeführt. „Die Patientin hatte schon Jahre davor eine sogenannte isoleastische Prothese bekommen, die erstaunlich lange gehalten hat. 2016 kam sie dann ins UKH Graz, mit einem komplett funktionslosen Arm. Die alte Prothese hatte sich gelockert und völlig verdreht.“ Der Arm- knochen war regelrecht ballonartig aufgebläht, auch die Nerven waren durch die Fehlstellung geschädigt, so der Arzt.

Für Erika Krahfuss musste eigens eine Prothese angefertigt werden. „Die normalerweise dafür vorgesehene war zu kurz“, schildert der Unfallchirurg. Die Spezialanfertigung habe man dann im August 2017 in einer mehrstündigen Operation implantiert. „Wir haben den Knochen verstärkt und die Prothese einzementiert, die heute noch hält und der Patientin ein normales und beschwerdefreies Alltagsleben ermöglicht.“ Anfangs musste die Patientin noch alle paar Wochen zur Kontrolle, heute ist es nur noch einmal im Jahr notwendig.

Die OP ist relativ selten. 10 bis 15 Mal im Jahr führt der Chirurg einen derartigen Eingriff durch. „Frau Krahfuss hat jedoch die modernste Ausführung bekommen. Bei dieser ist der Kunststoff im Gelenk widerstandsfähiger. Übertreiben – etwa beim Heben von Lasten – sollte man aber auch damit nicht.“

Gelernt hat Dr. Michael Plecko die schwierige Operationstechnik in den USA. „Im Jahr 2000 war ich an der berühmten Mayo-Klinik, um mir das neue Wissen anzueignen.“

Primarius Dr. Michael Pecko                                                                  

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Giuseppe bringt Sizilien in den Grazer Congress

Sizilianische Musik und Gaumenfreuden gibt es am 30. November im Grazer Congress. Im Stefaniensaal können alle Italien-Fans bei Musica & Gusto Spezialitäten von der größten aller Mittelmeerinseln verkosten und sich an lokaler Musik erfreuen. Organisiert wird die Veranstaltung von der Ivents Kulturagentur. Der italienische Part des Unternehmens, Giuseppe Perna, war bei uns zum Frühstück zu Gast.

Seit 6. November 1996 lebt Giuseppe Perna in Graz. Der 51 Jahre alte gebürtige Sizilianer führt gemeinsam mit seiner Frau Astrid und dem Ehepaar Markus und Alexandra Lientscher die Ivents Kulturagentur und zeichnet für so beliebte Veranstaltungen wie das Aufsteirern, Lumagica, Trüffelmärkte, den Weihnachtsmarkt am Schloßberg oder die Sandskulpturen auf dem Grazer Hauptplatz  verantwortlich. „Ich erinnere mich noch genau und besitze sogar noch die Flugkarte. Damals hat mein zweites Leben hier in Österreich begonnen“, erzählt der Italiener leidenschaftlich.

Daheim in Palermo hatte Giuseppe Politikwissenschaften studiert. „Aber ich habe eigentlich immer gearbeitet und nebenbei die Uni besucht. Schließlich bin ich der Liebe wegen nach Graz gekommen und nun bereits seit 23 Jahren glücklich mit Astrid zusammen.

2009 hat das Paar geheiratet, zwei Söhne hatten sie damals bereits. Mattia ist heute 18, sein Bruder Dario 16. „Es war eine Hochzeit mit unglaublich vielen Kindern, von allen unseren Freunden“; lacht Perna.

In Graz studierte er Kulturmanagement und machte Musik. „Meine Band heißt Vucciria, wie der bekannte Altstadtmarkt in Palermo. Wir machen sizilianische Musik, lassen uns von der italienischen Tradition inspirieren.“ Daneben mistete er in einem Reitklub die Ställe aus oder polierte in verschieden Lokalen Gläser. Auch bei den Kinderfreunden war er tätig, betreute halbtags schwer erziehbare Kinder.

Nach dem Studium wagte Giuseppe im Jahr 2000 den Schritt in die Selbstständigkeit. 2002 organisierte er gemeinsam mit seiner Frau Astrid den „Il Ballo di Casanova“, es folgte im selben Jahr das Aufsteirern. Die Ivents Kulturagentur gründeten die vier Partner im Jahr 2005 und seitdem haben sie unzählige Veranstaltungen umgesetzt.  Perna ist für alle italienisch angehauchten Projekte und künstlerischen Aktivitäten zuständig.

Musica & Gusto gibt es seit dem Vorjahr. Da wurde Kulinarik aus dem Piemont, das unter anderem für seine Trüffel und den Rotwein Barolo bekannt ist, präsentiert. Für das künstlerische Programm sorgte Giorgio Conte – der kleine Bruder von Paolo Conte - mit seiner Band, die den Chanconnier und Liedermacher begleitete. Conte wird auch heuer wieder im Congress zu hören sein. Hauptakteure sind allerdings Vucciria, Giuseppes eigene Band. Perna und seine drei Kollegen spielen feinsinnige Eigenkompositionen und traditionelle Volksweisen und begeistern mit Gesang, Gitarre, Mandoline, Klarinette, Akkordeon, Saxophon, verschiedenen Flöten und Trommeln sowie der Maultrommel. Die Fröhlichkeit der Lieder und das italienische Lebensgefühl stecken das Publikum im Nu an.

„Wir wollen das andere Italien nach Graz bringen, spielen natürlich auch die bekannte Tarantella. Die Musiker von Giorgio Conte werden uns auf der Bühne begleiten, Conte selbst wird kurze, sympathische Texte bekannter sizilianischer Schriftsteller vortragen, unter anderem vom italienischen Literaturpreisträger Luigi Pirandello oder Andrea Camilleri, der die bekannte Romanfigur des Commissario Montalbano geschaffen hat.“ Im zweiten Teil, so kündigt Giuseppe an, stehen die Musiker von Contes Band im Mittelpunkt der Bühne, während er selbst Aphorismen zum Besten geben wird.

Die Kulinarik darf bei Gusto & Musica am 30. November im Grazer Congress natürlich nicht zu kurz kommen: An mehreren Stationen können die Gäste ausgewählte Produkte, die von Spitzenköchen der Region zubereitet werden, verkosten. Die Produzenten selbst sind vor Ort und erklären die Eigenschaften und Qualitäten ihrer Erzeugnisse.

Sizilien hat eine reiche und bunte kulinarische Tradition, die sich aus Einflüssen verschiedener Kulturen, entwickelt hat. Sonne, Berge und das Meer bieten die optimale Bedingung für eine Vielzahl von Lebensmitteln wie den Pistazien, Mandeln, Kapern, Zitrusfrüchten, Fisch sowie auch noch unentdeckten Schätzen. Wein vom Ätna rundet das Angebot ab.

„Musik habe ich immer als angenehme, schöne Arbeit gesehen“, schildert der Sizilianer. „Ich lebe aber nicht davon, im Gegensatz zu meinen Bandkollegen, die Profis sind.“ Er brauche seine anderen Projekte, „sie gehören zu meinem Leben, ich will mit meinen Veranstaltungen Graz bereichern“. Diese würden viel Zeit brauchen. „Es steckt unglaublich viel Vorbereitungsarbeit drin, die wird umso intensiver, je näher der Termin rückt. Mit manchen Projekten beschäftigen wir uns schon zwei Jahre im Voraus - sie sind wie Kinder, die man groß werden sieht.“

Er könne sich die Welt weder ohne Musik noch ohne gutes Essen und Trinken vorstellen, schmunzelt Giuseppe. „Ich bin an vielen Küchen interessiert, auch wenn die italienische selbstverständlich für mich die beste ist! Darum findet man auch überall italienische Restaurants.“

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Vom Rollstuhl aus kämpft Matthias für Behinderte

Manchmal lernt man ebenso ungewöhnliche wie interessante Menschen durch Zufall kennen. So wie wir vom Journal Graz, als wir unlängst durch die Kärntnerstraße fuhren. Dort stießen wir auf Matthias Grasser, der auch „Professor Inklusion“ genannt wird und als Betroffener Vorsitzender des Steiermärkischen Monitoringausschusses für Menschen mit Behinderung ist.

Wir sahen aus dem Auto einen Mann im Rollstuhl, der sich bei der großen Busgarage der Holding Graz über die Gehsteige in Richtung Straßgang kämpfte. Ein Kampf war es für ihn deshalb, weil die Fußgängerwege dort teilweise sehr schmal sind, hohe Randsteine haben und so das Überqueren von Seitengassen erschweren. Bei einer solchen „Auffahrt“ landete er in einem Gebüsch. Wir wendeten sofort unser Auto und wollten ihm helfen. Der Rollstuhlfahrer hatte sich aber inzwischen selbst befreit und war schon wieder unterwegs.

Als wir ihn ansprachen, stellte er sich als Matthias Grasser vor. Der 40-Jährige ist seit seiner Geburt schwer behindert. Sauerstoffmangel während des Geburtsvorganges führte bei ihm zu einer Spastischen Tetraparese, einer Behinderung aller vier Gliedmaßen. Seit seinem 16. Lebensjahr benutzt Grasser einen elektronischen Rollstuhl, den er mit dem Kinn steuert. Als wir ihn trafen, kam er gerade aus Gösting, wo er im Hause der Mosaik-Gesellschaft eine Wohnung gemietet hat und selbst bezahlt. Sein Ziel mit dem Rolli war die Cura-San-Orthopädie in der Kärntnerstraße, wo er sich eine Sauerstoffflasche für unterwegs kaufen wollte.

Matthias Grasser ist ein sympathischer und, wie sich im Gespräch schnell herausstellt, blitzgescheiter Mann, der auch die Handelsschule absolviert hat. Er kann viel erzählen: Zum Beispiel, dass er geschiedener Vater von zwei Kindern ist, die inzwischen neun und 13 Jahre alt sind.

In seiner behindertengerechten Wohnung benötigt Matthias professionelle Hilfe. Drei Assistentinnen gehen ihm bei so alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege oder der Haushaltsführung zur Hand. „Eigentlich bin ich ziemlich selbstständig, aber weil ich Arme und Beine nicht bewegen kann, bin ich auf diese körperliche Unterstützung angewiesen.“ Dank der modernen Technik wie Sprachassistenten kann er auch E-Mails lesen und schreiben.

Sein Herz gehört der Behindertenarbeit. „Ich bin in tausenden Projekten und Vereinen aktiv“, berichtet Grasser. „Ich tue dort viel für die Öffentlichkeit und das mit vollem Einsatz. Mein Ziel ist es, anderen Behinderten zu zeigen, dass wir trotz Handicaps sehr viel erreichen können. In meiner Arbeit geht es nie um mich, immer um die Sache!“ Im Kampf für die Anliegen der Behinderten sieht der Rollstuhlfahrer seine Berufung.

Matthias berät trotz seiner Behinderungen offizielle Stellen und Behörden in Sachen Behindertenrechte und Behindertenbedürfnisse. Grundlage ist dabei immer die europäische Behindertenrechte-Konvention. Seit kurzem unterrichtet Grasser auch an der Pädagogischen Hochschule in Graz.

Der nach Eigendefinition „Kämpfer für die Inklusion“ setzt sich von klein auf für die Rechte der Betroffenen ein. Davon gibt es viele: EU-weit betrachtet sich jeder vierte Mensch als auf irgendeine Art körperlich oder psychisch beeinträchtigt, in Österreich ist es sogar jeder Dritte. Österreich stellt Grasser ein eher schlechtes Zeugnis aus: „Natürlich ist in Graz in den vergangenen Jahrzehnten baulich viel für Behinderte passiert, aber es ist immer noch viel zu wenig.“ Das sehe auch die EU-Kommission so, die Österreich 2023 schlechte Zensuren für die Inklusion Menschen mit Behinderung gegeben hat.

Wie recht Matthias Grasser hat, davon konnten wir uns in der Kärntnerstraße mit eigenen Augen überzeugen. Die Gehwege sind dort zum Teil ungeeignet, so dass Menschen im Rollstuhl oder Blinde in ernsthafte Schwierigkeiten kommen können. Matthias musste sogar auf die Fahrbahn ausweichen, weil Rollsplit auf dem Gehsteig lag, was der Rollstuhl nicht bewältigen konnte. In der viel befahrenen Ausfahrtsstraße kein ungefährliches Unterfangen. Das bringt uns zum Nachdenken – es gibt eben nicht nur Radfahrer, die sich auf breiten Wegen ungehindert durch die Stadt bewegen dürfen.

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