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Leiter Kommunikation war kein Schreibtischjob


Nach fast 47 Jahren beim Bundesheer tritt Anfang April Oberst Gerhard Schweiger den wohlverdienten Ruhestand an. Der Offizier mit Leib und Seele war viele Jahre lang Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation des Militärkommandos Steiermark.

Tradition hat die Offizierslaufbahn in Schweigers Familie nicht. „Mein Vater war ein Weißer Jahrgang – also zu jung, um zur Deutschen Wehrmacht eingezogen zu werden, und zu alt für das 1955 wieder aktivierte österreichische Bundesheer“, erzählt der Offizier. Schweiger stammt aus einer Großfamilie aus Rein bei Graz, fünf Kinder waren sie daheim.

Im Stift Rein absolvierte er auch die Unterstufe des Gymnasiums, wechselte dann für die Oberstufe ins Gymnasium Carneri nach Graz. 1976 maturierte Schweiger und folgte seinem Wunsch, den er schon mit zehn Jahren gehegt hatte: „Offizier zu werden!“ Als Einjährig-Freiwilliger rückte er in die Kaserne Bad Radkersburg ein. Nach sechs Monaten Präsenzdienst schaffte Schweiger die Aufnahme ins Vorbereitungssemester der Militärakademie.

„Wir waren am Truppenübungsplatz in Allentsteig kaserniert. Dort haben wir außer Wald und Wiese nur olivfarbene Uniformen und Fahrzeuge gesehen, so dass wir uns zum Schluss, als wir hinaus  durften, richtig über die bunten Zivilautos gefreut haben“, erinnert sich der Presseoffizier schmunzelnd. An der Militärakademie in Wiener Neustadt machte er anschließend die Ausbildung und wurde zum Jägeroffizier ausgebildet. Im September 1980 wurde Schweiger mit 22 Jahren als Leutnant aus der Militärakademie ausgemustert.

„Zuerst kam ich ins Burgenland, nach Oggau, als stellvertretender Kompaniekommandant. Damals habe ich eine Wochenendehe geführt, bis ich 1984 nach Graz zur Heeressanitätsanstalt versetzt worden bin, um eine Ausbildungskompanie für Sanitätswesen aufzustellen.“ Damals habe es in diesem Bereich nur Ärzte gegeben, aber keine Sanitätslogistiker. Für sie hat Schweiger den Grundstein gelegt.

Kurz vor dem Ausbruch der Jugoslawienkrise wechselte der Offizier zum Militärkommando Steiermark. „Beim Militär kann man viele Dinge lernen. Da ist zum Beispiel das Organisieren. Und man lernt seine Grenzen kennen.“ 1993 übernahm er erstmals die Funktion als Presseoffizier. „Der legendäre Oberst Franz Gschiel hat mich zu seinem Stellvertreter gemacht. Als Gschiel 1995 in Pension ging, habe ich mich als Abteilungsleiter beworben, was ich seit diesem Zeitpunkt bin.“

Schreibtischjob hat Schweiger keinen, wie er erzählt. „Als Sprecher des Militärkommandos ist man draußen bei den Soldaten, so hatte ich rund 60 Veranstaltungen im Jahr. Dazu kommen die Partnerschaften des Bundesheeres, die betreut werden wollen.“ Zusätzlich betreut Schweiger Vereine, die sich zum Bundesheer bekennen, wie die Unteroffiziers- und die Offiziersgesellschaft oder den Kameradschaftsbund. Zusammen haben alle Vereine in der Steiermark rund 70.000 Mitglieder.

Für die Öffentlichkeitsarbeit hat Schweiger immer wieder dazu gelernt. So war er der erste und bisher auch einzige Österreicher, der den Public Affairs Officer Course für alle US-amerikanischen Teilstreitkräfte absolviert hat. Als erster Österreicher kam er auch als Medienanalytiker ins Hauptquartier der SFOR der UN-Mission in Bosnien-Herzegowina unter Führung der NATO. Dort habe er auch ein Schlüsselerlebnis gehabt. „Mein Vorgesetzter, ein amerikanischer Oberst, hat zu mir gesagt: Das ist kein Krieg, der mit Panzern und Artillerie geführt wird, das ist ein Krieg der Informationen. Er meinte damit, dass, wenn Waffen nichts mehr ausrichten, das Vertrauen der Menschen den Ausschlag gibt.“

Um sein Englisch für die Medienarbeit zu perfektionieren, besuchte Gerhard Schweiger 2000 das Defence Language Institute der US-Streitkräfte in San Antonio in Texas. „Das Auswahlverfahren dafür war fast so streng wie das für Astronauten“, lacht der Offizier. Den Feinschliff erhielt er in Fort Meade in Maryland, gleich an der Stadtgrenze von Washington. „Von allen nicht-amerikanischen Teilnehmern sind nur zwei Offiziere übriggeblieben, ein Mexikaner und ich. Mit entsprechend stolzgeschwellter Brust bin ich mit meinem Diplom nach Hause geflogen.“ Der Kurs in den USA habe seine Lust auf Kommunikation noch verstärkt.

„Ich bin mit meiner Laufbahn zufrieden“, zieht Schweiger Bilanz. „Eines der wichtigsten Dinge in meinem Job ist, die Sprache der Menschen zu verstehen. Sonst kann man nicht das Militärische ins Zivile übersetzen und umgekehrt.“ In den 30 Jahren als Presseoffizier habe sich vieles ganz massiv geändert. „Wir haben zum Beispiel gelernt, dass wir Konflikte aktiv ansprechen müssen und nicht gegenüber der Öffentlichkeit mauern dürfen. Dass wir aktiv Themen ansprechen, bevor uns jemand damit konfrontiert.“ Der Nachfolger von Schweiger steht bereits fest: Der 53-jährige Oberstleutnant Dietmar Deutsch wird die Aufgabe übernehmen. „Er hat schon einige Monate bei mir in der Abteilung mitgearbeitet, da konnte ich ihm über die Schulter schauen.“

In der Pension wird der Leiter Kommunikation seiner großen Familie den Vorrang einräumen: „Meiner Mutter, meinen zwei erwachsenen Kindern, meiner Partnerin, meinen vier Geschwistern, und meinen Cousins und Cousinen – insgesamt sind das 22 Menschen, denen ich mehr Zeit widmen möchte. Das ist für mich ein wichtiger Wert, den ich hegen und pflegen will.“

Oberst Gerhard Schweiger

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