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Vom Bauern zum Wirt und zurück zum Bauern


Er ist ein Urgestein der steirischen Gastronomie und ein Original, das weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist: Ferdl Purgstaller, der für Sturm Graz das VIP-Catering auf die Beine stellte und 20 Jahre lang das legendären „Ferdls Gasthaus“ in Seiersberg betrieb. Heute lebt er auf seiner Landwirtschaft und hat ein anderes Betätigungsfeld gefunden.

Der Ferdl liebt die Menschen, die Musik, die Gastronomie, die Tiere, die Landwirtschaft und hat ein besonderes Talent, das er seit Jahrzehnten nützt. Er renoviert, baut um, restauriert und baute sich in Waldschach ein neues Zuhause. Ein Muli-Talent der Sonderklasse, er kann aus Altem Herrliches zaubern, altes Holz ist sein Lieblingsmaterial. Wir durften ihn besuchen und erfahren, was Ferdl heute macht. Auf seiner gemütlichen Terrasse beginnt uns Ferdl viel zu erzählen. Er hat viel erlebt in seinem Leben und immer alles positiv gesehen. Ein Blick bis Klöch, Kitzeck, Riegersburg macht ihn glücklich und zufrieden. Wenn man glaubt, er hat sich jetzt zur Ruhe gesetzt, liegt man falsch. Er lebt auf seinem „halben Berg“, genießt die Natur, sein freies Leben, seine Tiere und seinen nie endenden Drang, etwas zu verändern oder zu errichten.

Vor zwölf Jahren hat sich Ferdl eine zwei Hektar große Wirtschaft in Waldschach/St. Nikolai im Sausal gekauft. Den „Kulmihansl“, besser bekannt als „Kapfensteiner“. Der Besitzer war ein gesegneter Musiker, der aber leider viel zu früh durch einen Traktorunfall verstarb.

„Haus, Saustall, Stadel, das alles war komplett zerfallen“, wobei diese Bezeichnung nicht ganz zutrifft, es war verfallen, verwahrlost und eigentlich nur ein Abbruchobjekt, erinnert sich Ferdl, der inzwischen auch schon 72 Lenze zählt. „Das war nicht mehr zu renovieren, deshalb habe ich es abreißen müssen.“ Das Grundstück war auch komplett mit Stauden zugewachsen. „Ich habe immer gehofft, dass ich da hier oben ein kleines Haus bauen darf und zum Glück hat es sich wirklich so ergeben. Hier möchte ich meinen Lebensabend verbringen!”

Anfangs hielt Ferdl Purgstaller auf dem Areal schottische Hochlandrinder, heute hat er Mini-Esel, Schafe, Hühner und sogar ein paar Hirsche. Weil er so ganz offiziell eine Landwirtschaft betreibt, durfte er auch einen Hof errichten.

Beim Erbauen setzte Ferdl Purgstaller voll auf alte Materialien. „Der Holzbau vorne besteht aus dem Holz eines alten Pressstöckels, auf einem Tram sieht man sogar noch das Jahr 1834 eingebrannt.“ Das hat er mitsamt dem Anhänger gekauft, auf dem das Pressstöckel schon 20 Jahre lang gelagert war.

Ferdl restaurierte auch hier viele alte Gegenstände wie Türen oder Tische. Zu jedem dieser Schmuckstücke, wie zum Beispiel die Haustüre, hat er einen ganz persönlichen Bezug. Durch diese war Ferdl von Geburt an bis zum 35 Lebensjahr ein und ausgegangen. Und nun wird er sein restliches Leben wieder aus und eingehen. Letztendlich habe er ein komplettes Bauernhaus von eigener Hand errichtet, so wie damals die Almhütte in Ferdl`s Gasthof, ist der frühere Gastronom sichtbar stolz.

Ein Abschnitt harrt allerdings noch seiner Vollendung: eine eigene Kapelle. Die wird aus einem alten Wurzelstock gemacht, beschreibt Purgstaller sein nächstes großes Projekt. Aber auch ein winziger Weingarten wurde kurz vor unserem Besuch angelegt.

Begonnen hat alles mit der Musik, die er sicherlich nie aufgibt. Mit dem Edelweißecho begann er 1971 auf Hochzeiten, Geburtstagen und weiteren Veranstaltungen zu spielen. So auch bei den traditionellen Herbstfesten im Möbelhaus Kika. Bei einem dieser Veranstaltungen hat ihn der damalige Kika-Chef in den 80er-Jahren gebeten, als Moderator einzuspringen, nachdem ein Radio-Sprecher abgesagt hatte. Monate später bot der Kika-Chef Purgstaller an, das Cafe im Möbelhaus zu übernehmen. Der überlegte nicht lange und bekam den Zuschlag – für einen Schilling Bitt-Pacht im Monat. 1992 baute Ferdl dann seinen eigenen Pavillon vor dem Möbelhaus auf, zuvor hatte er während der Bauphase einen Würstelstand und Leberkässemmeln. Im Zuge des Kika-Umbaues wurde ein Selbstbedienungsrestaurant für 300 Sitzplätze  dazu gebaut.  Von dort an gab es für Ferdl auch eine neue Pacht von 10 Prozent  Monatsumsatz. Im Dezember machte Ferdl das Geschäft seines Lebens  mit einem Umsatz von einer Million Schilling - heute wären das rund 73.000 Euro, und die Pacht für dieses Monat betrug  sage und schreibe 100 000 Schilling. Er war auch Pächter in der Kika-Restaurants in Graz, Leoben und Klagenfurt. Außerdem hat er auch das Catering bei Veranstaltungen gemacht – da hat er oft für 3.000 Leute gekocht. Das Möbelhaus wollte nicht nur eine höhere Miete sondern auch 10 Prozent seines gesamten Catering-Umsatzes. 2001 beendete er die Zusammenarbeit mit Kika.

Eine Zeit lang befasste sich der Gastronom nur mehr mit Catering. Eiskönig Charly Temmel kam – damals Präsident des Fußballvereins SK Sturm – und fragte ihn, ob er nicht die VIP-Gäste-Versorgung mit Gulaschsuppe und Leberkäsesemmeln in der berühmten „Gruabn“ übernehmen möchte. Purgstaller zögerte nicht lange. Dann wurde Hannes Kartnig Sturm-Präsident weil Charly Temmel nach Amerika ging.

Eines Tages sagte der damalige Sportchef der Stadt Graz, Pepi List, zum Ferdl, er solle das Catering im VIP-Club nur für das erste Eröffnungsmatch  im Liebenauer Stadion übernehmen. Erster Auftrag: Alles top für das Stadtderby STURM gegen den GAK herrichten. „Pepi hat immer zu mir gesagt, Bauernwirt, du schaffst das“, so Ferdl.

Mit dem Geschäftspartner Kika schloss Purgstaller ein Abkommen: „Ich mache Werbung für die Möbelkette.” Ferdls Spruch war „Wir sind eine kleine Nummer, wir sind die NUMMER1 Kikazentrum, dafür bringt ihr mir das Mobiliar und die Deko für den VIP-Club. Sofort habe ich schwarze Schürzen mit Ferdl`s Catering-Aufdruck für das Personal machen lassen. Der VIP-Club wurde mit schwarzen und roten Servietten, also den Vereinsfarben, eingedeckt. Es war ein Mega-Erfolg“, ist Ferdl heute noch stolz.

Zu essen gab es Schweinsbraten, Kraut und Knödel. Die Strauben wurden auf Lists Empfehlung hinzugekauft. 380 VIPs verköstigte der Ferdl auf diese Weise. Am Spieltag erlebte der Gastronom dann einen wahren Prominentenauftrieb: „Da hat Sturm-Präsident Hannes Kartnig zu Pepi List gesagt:  ,Bist du deppert, wen hast den da als Caterer herzaht!’. ,Ist eh der Bauernwirt’. hat List gesagt, daraus wurden dann fast elf Jahre für das VIP-Catering im Stadion. Dort wurden auch rund 700 VIP-Gäste bei Champions League-Spielen kulinarisch versorgt. „Oh mein Gott, war das eine tolle Herausforderung“, strahlt Ferdl.

1999 war es dann soweit, Ferdls Gasthaus war geboren. „Am Anfang war ich bekannter als die damals neue Shopping City Seiersberg“, lacht Purgstaller. Ferdls Gasthaus war übrigens wahrscheinlich das einzige Lokal, das jemals in Österreich zwangseröffnet wurde. „Ich habe mit der Eröffnung gezögert, habe sie immer wieder hinausgeschoben. Bis mich der damalige Seiersberger Bürgermeister Werner Breithuber dazu gezwungen hat“, schmunzelt der Wirt. Zwei Jahrzehnte lang baute Ferdl sein Gasthaus immer wieder um. „Es war mein Hobby. Ob es immer sinnvoll war, kann ich nicht sagen, mir war es jedenfalls wichtig. Irgendwann wurde ich quasi von der Mischmaschine weggeschickt, sonst würde ich wohl immer noch bauen.“ Auch bei seinem neuen zu Hause ist die Mischmaschine wieder voll im Einsatz. 2019 verkaufte er seinen Gasthof in Seiersberg und mietete ein kleines Cafe in Leitring/Leibnitz mit schönem Gastgarten.

Ferdl Purgstaller hat vier Kinder und sechs Enkel. „Stolz bin ich auf jede und jeden, aus denen ist allen was geworden.“ Viel Freude hat der Ferdl an seinem Enkel Moritz. „Er hat Installateur gelernt und war immer ein Motorrad-Fan. 2019/20 ist er Jugend-Staatsmeister beim Motorrad-Trial geworden. Beim letzten Rennen auf einer Enduro war er an der siebten Stelle beim Weltmeisterschaftslauf.“

Ferdl hat ein erfülltes, zufriedenes und arbeitsreiches Leben. Er ist mit so viel Humor gesegnet und kann aus jedem Stichwort einen Witz erzählen. Mit ihm kann man lachen ohne Ende, er hat immer einen Schmäh parat und wird nie zeigen, wie es im Inneren seines Herzen oft ausgesehen hat.

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