Zwischen Obst und Gemüse und fröhlichem Markttreiben am Kaiser-Josef-Platz lacht uns eine zierliche Frau entgegen. Christa, 66 Jahre, 1,24 Meter groß und Schuhgröße 33. Sie sprüht vor Lebensfreude, die uns Mut gibt, sie anzusprechen. Wer ihr begegnet, vergisst sie nicht so schnell – nicht wegen ihrer Größe, sondern wegen ihres offenen Wesens.
Christa kam mit einer besonderen Genmutation auf die Welt: Ihre Röhrenknochen entwickelten sich anders, das Wachstum stoppte früh. Aber was ihr an Zentimetern fehlte, machte sie mit Lebensmut und einer beeindruckenden natürlichen Leichtigkeit und Fröhlichkeit wett, die bis heute ihr Leben prägt.
Geboren wurde sie in Stainz, mitten in der grünen Weststeiermark. Schon im Kindergarten war klar: Christa bleibt kleiner. Doch bei ei den Kindern im Dorf war das nie ein Thema. „Ich war halt einfach Christa – und so war es gut.“ Auch als sie später jeden Tag nach Graz in die Handelsschule pendelte, behielt sie ihre Bodenständigkeit. Sie schloss die Schule mit Vorzug ab – und zeigte damit einmal mehr, dass wahre Stärke nichts mit Körpergröße zu tun hat.
Einen Arbeitsplatz für die kleingewachsene Christa zu finden, war zu jener Zeit nicht einfach. Aber Christas Mutter war eine Frau der Tat und voll Liebe zu ihren Kindern: Ohne jemanden in der Landesregierung zu kennen, fuhr sie nach Graz und klopfte einfach an die Tür des Vorzimmers von dem Büro des damaligen Landeshauptmannes Friedrich Niederl. Sie hoffte angehört zu werden. Stellte sich freundlich vor, und versuchte ihre Nervosität zu verbergen. Voll aufgeregt und mutig bat sie um eine Stelle für ihre Tochter Christa – und ihr Einsatz zahlte sich aus: Christa erhielt 1976 eine Anstellung in der Verwaltung des Landeskrankenhauses Graz.
„Da habe ich begriffen, wie sehr Eltern für ihre Kinder kämpfen“, erzählt Christa heute dankbar. Und sie machte ihren Eltern alle Ehre: 38 Jahre war sie in ihrem Job im LKH – gewissenhaft, zuverlässig und von allen geschätzt. Die Kollegen wussten schnell: Auf Christa kann man sich verlassen. Der Job machte ihr Freude und sie beweist Organisationstalent und Durchhaltevermögen. Ihre Größe? Kein Hindernis – der Arbeitsplatz wurde einfach angepasst.
Führerschein? Nie ihr Thema. Öffentliche Verkehrsmittel und ihre flinke Art reichen ihr aus, um Graz und die Umgebung bestens zu erkunden und auch zu erleben. In der Straßenbahn sind manchmal die Ellenbogen schneller als die Höflichkeit. Aber auch hier bleibt Christa positiv: „Es gibt immer wieder jemanden, der mir einen Platz anbietet. Die Menschen sind hilfsbereiter, als viele glauben.“
Ihre 52m² Wohnung mit Balkon in Graz ist gemütlich und liebevoll eingerichtet – mit einer kleinen Besonderheit in der Küche. Ein Podest erinnert an ihre besondere Größe: Ihr Bruder, ganze 1,80 Meter groß, baute ihr diesen entlang der Küchenzeile, damit sie Herd, Wasserhahn und Kühlschrank bequem erreichen kann. „Mein privater Laufsteg“, freut sich Christa und ist stolz auf das gelungene Werk ihres Bruders.
Kochen ist Christas Leidenschaft: frisches Gemüse, Hirse, Buchweizen, Reis und Fisch stehen regelmäßig auf dem Speiseplan. Fleisch isst sie selten. Sie kocht meist für drei Tage vor und verfeinert ihre Gerichte täglich mit frischen Zutaten, wie saisonalem Gemüse. Derzeit ist Spargel angesagt. Auch beim Einkaufen hat sie ihre Tricks gefunden: bevorzugt werden Supermärkte mit Kindereinkaufswagerln. „Stellen Sie sich vor, ich werfe alles in einen großen Wagen und komme nicht mehr ran“, erzählt sie verschmitzt und lacht dabei aus vollem Herzen.
Allein spazieren oder Wandern macht mir ebenso großen Spaß, doch manchmal fordern die hohen Stufen ihre ganze Kraft, gebe jedoch nie auf. Doch Christa nimmt es leicht: „Es gibt immer wieder jemanden, der hilft. Ich bin trotz allem rundum mit meinem Leben zufrieden.
Auch Kultur gehört zu ihrem Leben: Museumsbesuche so wie ein monatliches Treffen mit Freunden beim Museumskreis „der Weg zur Kunst“, Theater, Gottesdienste mit anschließendem Kaffeetratsch mit Freunden. Auch beim Turnen und im Naturverein haben wir sehr viel Spaß. In Bewegung bleiben und Kultur genießen ist ihr Rezept fürs Glück.
„Das ist in anderen Ländern nicht so einfach wie bei uns, hier schaut mich kaum jemand komisch an, hier kann ich auch ins Kino oder ins Theater gehen und es ist für mich und meinen Mitmenschen völlig normal.
Reisen ist eine ihrer großen Leidenschaften – schon in ihrer Kindheit fuhren ihre Eltern zum Zelten ans Meer. Bis heute liebt sie es, unterwegs zu sein: Indonesien war ihr letzter großer Traum, aber auch Kroatien, Italien – Orte, die sie mit offenen Augen und einem großen Herzen bereist. „Ich muss nicht ins Wasser – ich genieße es einfach, das Meer zu riechen, am Strand zu sitzen und die Umgebung genießen. Das reicht mir völlig, um glücklich zu sein.“
Und im Flugzeug“, sagt sie augenzwinkernd, „ist für mich der Economy-Sitz so bequem wie für andere die Business-Class.“
Und dann ist da noch ihr großes Herz für andere: Zwei- bis dreimal im Monat arbeitet Christa ehrenamtlich in der Bahnhofsmission Graz. Bereits frühmorgens hilft sie, Kaffee zu kochen, Brote zu schmieren und Bedürftige willkommen zu heißen. „Helfen, ohne viele Fragen zu stellen.“
Man muss nicht groß sein, um Großes zu bewirken. Es reicht, wenn man das Herz am rechten Fleck trägt – so wie Christa. Und wenn man sie nach ihrem Geheimnis fragt, warum sie so zufrieden ist, lächelt sie: „Man muss das Leben nehmen, wie es kommt – und sich an den kleinen Dingen freuen.“ Wer Christa begegnet, merkt schnell: Glück misst man nicht in Zentimetern.
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