Im Gespräch mit Yvonne Popper-Pieber, stellvertretende Landesgeschäftsführerin des AMS Steiermark, erhalten wir spannende Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und Zukunftsperspektiven des steirischen Arbeitsmarktes. Sie spricht mit uns über die steigende Arbeitslosigkeit, die Auswirkungen der Digitalisierung und die Strategien zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Ihr fundiertes Wissen und ihre langjährige Erfahrung zeigen, welche Maßnahmen nötig sind, um Menschen und Unternehmen bestmöglich zu unterstützen.
Die Entwicklungen am steirischen Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren haben deutlich gemacht, dass Wandel zur neuen Konstante geworden ist. Die steigende Arbeitslosigkeit im Jahr 2024 – ein Plus von 12,3 Prozent – ist Ausdruck einer konjunkturellen Flaute, die sämtliche Branchen und Regionen erfasst hat. Gleichzeitig verdeutlichen strukturelle Veränderungen, dass die größte Herausforderung erst bevorsteht: der zunehmende Fachkräftemangel infolge der Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation. Doch wie kann die Steiermark diesen Entwicklungen begegnen?
Besonders gefragte Fachkräfte gibt es derzeit in den Bereichen Handwerk und Technik, IT, Green Jobs sowie im Gesundheits- und Sozialsektor. Hier wird sich der Bedarf in den kommenden Jahren weiter verstärken. Doch der Arbeitsmarkt verändert sich auch durch Digitalisierung und Automatisierung. Besonders betroffen sind industrielle Bereiche, die durch technologischen Fortschritt effizienter, aber auch anspruchsvoller werden. Unternehmen sind daher gefordert, ihre Arbeitskräfte gezielt weiterzubilden, um mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten.
Regionale Unterschiede prägen die steirische Arbeitsmarktsituation ebenfalls: Während die Arbeitslosigkeit besonders im Grazer Zentralraum sowie in Voitsberg und Weiz stieg, blieb sie in Bruck an der Mur, Liezen und Murau stabil. Ein differenzierter Blick ist notwendig, um maßgeschneiderte Lösungen für jede Region zu entwickeln. Das AMS Steiermark spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Vermittlung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Die heutige Arbeitswelt verlangt Flexibilität und lebenslanges Lernen – Eigenschaften, die durch gezielte Bildungs- und Beratungs- angebote gefördert werden.
Auch wirtschaftliche Unsicherheiten und die steigende Teuerung haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Viele Menschen suchen verstärkt nach sicheren Arbeitsplätzen oder erhöhen ihre Arbeitszeit. Die Jugendarbeitslosigkeit kann durch eine fundierte Berufsorientierung weiter gesenkt werden, sodass junge Menschen frühzeitig den für sie passenden Berufsweg einschlagen können. Die überbetriebliche Lehrausbildung bietet ihnen zudem die Möglichkeit, eine fundierte Ausbildung zu absolvieren.
Die Diskussion um neue Arbeitszeitmodelle, insbesondere die 4-Tage-Woche, ist ein weiteres zentrales Thema. Dabei gibt es keine Universallösung – die Anforderungen variieren je nach Branche und individuellen Bedürfnissen. Unternehmen, die flexible Modelle anbieten, sind jedoch klar im Vorteil, wenn es um die Gewinnung und Bindung von Fachkräften geht.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass alle Branchen von den Megatrends Digitalisierung, Ökologisierung und Internationalisierung betroffen sein werden. Besonders Handwerksberufe, Metall- und Elektroberufe sowie der Gesundheitsbereich stehen im Fokus, wenn es um den Fachkräftemangel geht. Das AMS begegnet dieser Herausforderung mit gezielten Aus- und Weiterbildungsangeboten, arbeitsplatznahen Schulungen und Kooperationen mit Unternehmen. Derzeit befinden sich rund 8.400 Personen in Schulungen – von kurzfristigen Weiterbildungen bis hin zu mehrjährigen Umschulungen. Das Ziel ist klar: eine möglichst hohe Übernahmequote in ein stabiles Arbeitsverhältnis.
Ein Lösungsansatz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels liegt in der qualifizierten Zuwanderung, etwa aus Südamerika. Während dies eine Strategie von vielen ist, darf sie nicht als Allheilmittel betrachtet werden. Wichtiger ist es, das bestehende Potenzial auszuschöpfen, insbesondere bei Frauen, älteren Arbeitnehmern und Menschen mit Migrationshintergrund. Die gezielte Förderung dieser Gruppen kann langfristig zu einer nachhaltigen Verbesserung des Arbeitsmarktes beitragen.
Die duale Ausbildung spielt in Österreich traditionell eine bedeutende Rolle. Rund 40 Prozent der Jugendlichen entscheiden sich für diesen Weg – ein Erfolgsmodell, das durch Weiterentwicklungen noch attraktiver gestaltet werden kann. Gleichzeitig müssen auch ältere Arbeitnehmer besser integriert werden, indem altersgerechte Arbeitsplätze geschaffen und Weiterbildungsangebote verstärkt werden. Programme wie „FiT – Frauen in Handwerk und Technik“ unterstützen zudem den Einstieg von Frauen in technische Berufe.
Damit Schulungsprogramme wie jene im Pflege- und IT-Bereich auch künftig die Bedarfe des Arbeitsmarktes treffen, steht das AMS Steiermark im engen Austausch mit der Wirtschaft. Bei arbeitsplatznahen Ausbildungsmodellen wird zunächst der konkrete Personalbedarf einer Einrichtung ermittelt, bevor Bildungspläne erstellt werden. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Absolventinnen und Absolventen nahtlos in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Diese Herausforderungen und Chancen zu bewältigen, ist die Aufgabe von Yvonne Popper-Pieber. Ihr Werdegang zeigt, dass eine konsequente berufliche Entwicklung und eine klare Vision entscheidend sind, um erfolgreich Führungsverantwortung zu übernehmen. Von ihren Anfängen beim AMS Wien im Jahr 2002 über verschiedene Führungspositionen in der Steiermark bis hin zu ihrer aktuellen Rolle hat sie sich stets neuen Herausforderungen gestellt. Ihr Credo: Ehrlichkeit, Integrität und Authentizität sind die Grundlagen einer erfolgreichen Führung.
Seit August 2023 trägt sie in ihrer Position Verantwortung für arbeitsmarktpolitische Strategien in der gesamten Steiermark. Besonders die enge Zusammenarbeit mit Inhouse-Einrichtungen wie der ZAM Steiermark GmbH ermöglicht es, Frauen gezielt bei der beruflichen Neuorientierung zu unterstützen. Ihre Managementprinzipien haben sich über die Jahre weiterentwickelt, doch ihr Fokus bleibt klar: Menschen bestmöglich in den Arbeitsmarkt integrieren.
Der Arbeitsmarkt steht vor einer Transformation, die durch Demografie, Digitalisierung und Globalisierung geprägt ist. Eine erfolgreiche Gestaltung dieser Veränderungen erfordert Weitblick, strategische Planung und enge Kooperationen zwischen AMS, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen. Yvonne Popper-Pieber und ihr Team setzen sich tagtäglich dafür ein, dass die Steiermark diesen Herausforderungen gewachsen ist – mit einem klaren Ziel: Arbeitslose Menschen gezielt zu qualifizieren, Unternehmen mit Fachkräften zu versorgen und den Arbeitsmarkt zukunftsfit zu machen. Denn eines ist sicher: Die Zukunft der Arbeit beginnt jetzt.
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