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Eine Leidenschaft, die Leiden schafft


Matthias Walkner kennt den Schmerz. Er kennt die Grenzen des Körpers – und die des eigenen Willens. Doch er hat nie akzeptiert, dass sie das letzte Wort haben. Der 38-jährige Motorradrennfahrer, Weltmeister und Rallye-Dakar-Held hat in seinem Leben schon viele Stürze erlebt. Doch keiner war wie jener am 5. Dezember 2023.

Es war ein Testtag in der Wüste Kaliforniens. Ein Training, wie er es schon unzählige Male absolviert hatte. Die KTM-Truppe drehte ihre Runden, das Terrain war trocken, staubig, unübersichtlich. Dann ein kleiner Hügel, ein Horizont, eine Kante, die er nicht kommen sah. Es dauerte nur eineinhalb Sekunden. Sekunden, die über alles entschieden. Walkner flog. Als er in der Luft war, sah er unter sich ein ausgetrocknetes Flussbett – sechs bis sieben Meter tief. „Scheiße”, war sein einziger Gedanke, „das wird jetzt richtig wehtun.” Und es tat weh. Als er aufprallte, spürte er sofort, dass etwas nicht stimmte. Sein linker Unterschenkel war gebrochen. „Ich war immer bei Bewusstsein. Mein erster Gedanke war: Gott sei Dank, ich kann meine Beine bewegen.” Doch es war schlimmer als gedacht. Der Fuß war schwer verletzt, die Blutversorgung gestört. Die Ärzte kämpften um sein Bein.

Die Diagnose war niederschmetternd: Ein Trümmerbruch des Sprunggelenks, zerstörte Weichteile, zwei von drei Arterien waren abgerissen. Die ersten Stunden nach dem Unfall verbrachte Walkner im Krankenhaus in Palm Springs. Dort wurde er notoperiert. Acht Tage später brachte ihn eine Air Ambulance ins UKH Graz, wo Spezialisten um die Erhaltung seines Beins kämpften. Dr. Michael Plecko, einer der führenden Unfallchirurgen und Sporttraumatologen, empfing ihn mit den Worten: „Ab jetzt geht es bergauf.” Doch Walkner wusste nicht, wie lange dieser Weg sein würde. Die erste große Operation dauerte 15 Stunden. 26 Stunden später wachte er auf - verwirrt, erschöpft, voller Schmerz. „Ich dachte, ich bin immer noch in der Vorbereitung.”

Was folgte, war eine Tortur. Sechs Operationen, 36 Stunden auf dem OP-Tisch, Monate voller Schmerzen, Morphium, durchwachte Nächte. „Mein Ruhepuls ist normalerweise bei 40, während dieser Zeit lag er bei 110 - vor Schmerzen”, erzählt er. Die Nerven brannten wie Stromstöße, die Heilung war ungewiss. Ein CT nach zwei Monaten sollte zeigen, ob der Fremdknochen angenommen wurde. „An diesem Tag waren alle angespannt, und als Dr. Michael Plecko mich ansah, wusste ich: Die Situation war ernster, als ich es mir eingestehen wollte.” Doch es gab Hoffnung. Eine leichte Wolke auf dem Bild - das Zeichen, dass der Körper heilt.

Während der gesamten Zeit war es seine Familie, die ihm Halt gab. Seine Frau, seine Eltern, seine kleine Tochter Marina - sie waren da, als alles wackelte. Und Walkner lernte, das Leben aus einer neuen Perspektive zu sehen. Der Motorsport ist seine Leidenschaft, doch die Natur und die Nachhaltigkeit wurden immer wichtiger. Zuhause auf seinem Bauernhof, dem elterlichen Anwesen, fand er ein neues Gleichgewicht. Mit Marina spaziert er immer wieder durch die Felder, zeigt ihr Kartoffeln, Karotten und Kapuzinerkresse. „Sie liebt es, alles zu probieren,  Zwetschken, Birnen, unser eigenes Gemüse.” Seine zwölf Hühner liefern frische Eier und der stolze Hahn passt auf seine „Hendln“ gut auf, während Walkner über die Bedeutung von Ernährung und Umweltschutz nachdenkt. „Ich verbrenne vielleicht 15 Liter mehr Sprit pro Woche, aber dafür fahre ich ganz selten in den Urlaub und kaufe kein Superfood aus Übersee.”

Nach 239 Tagen machte er die ersten Schritte. Ein Moment, der ihn tief berührte. Der Weg zurück war steinig, doch genau das motivierte ihn. „Je schwieriger der Weg, desto schöner der Erfolg.” Heute kann er wieder gehen. Und er kann wieder Motorrad fahren. „Das erste Mal zurück im Sattel war unglaublich emotional.” Er hatte alles gegeben, um diesen Moment zu erleben.

Die Rallye Dakar ist nicht nur ein Rennen. Sie ist eine gnadenlose Prüfung für Körper und Geist. Die Hitze, die Kälte, das unberechenbare Gelände – und die ständige Gefahr. „Kein Skifahrer glaubt, dass er stürzt. Und keiner, der die Dakar fährt, denkt, dass ihm etwas passiert.” Doch die Realität ist eine andere. Die Rallye fordert ihre Opfer. Jedes Jahr sterben Fahrer. Matthias kennt das Risiko, doch er lebt für diesen Sport. „Ich bin mal 380 Kilometer bei minus 11 Grad gefahren. Ich dachte, ich muss erfrieren. Da fährst du nur und zitterst die ganze Zeit.” Oder die Tage in der Wüste, wo die Trinkversorgung versagt. „Normalerweise trinke ich fünf bis sechs Liter, an diesem Tag hatte ich nur einen halben Liter - und bin 300 Kilometer weitergefahren.” Schmerzen, Entbehrung, absolute Erschöpfung. „Aber genau das macht es aus. Das formt dich.”

Die Rallye Dakar hat ihn geprägt. Sie hat ihn gelehrt, mental stark zu sein. „Man muss sich an kleine Ziele halten. Wenn ich durstig bin, denke ich an den Moment, wo ich wieder etwas trinken kann. Wenn ich Schmerzen habe, denke ich an den Moment, in dem sie weniger werden.” So hat er auch seine Rehabilitation überstanden wo tägliches Training von 8 bis 16 Uhr, unermüdlicher Einsatz, Disziplin und Willenskraft notwendig waren. „Keiner wird gekrönt, bevor er gekämpft hat.”

Heute steht Matthias Walkner wieder auf beiden Beinen. Die Ärzte sprechen von einem Wunder. Sein Fuß wurde gerettet, entgegen allen Prognosen. „Ich habe mit meinem verletzten Fuß geredet, ihm Namen gegeben. Erst Captain Hook, dann Iron Man. Und als er mich wieder getragen hat, wurde er Optimus Prime.” Der Optimismus steckt im Namen. Und genau dieser Optimismus hat ihn durch die schwerste Zeit seines Lebens getragen.

Die Rallye Dakar ist ein gnadenloses Rennen, bei dem im Durchschnitt mit 130 km/h gefahren wird. Die Schutzkleidung ist minimal, Verletzungen sind oft schwer. Jeder Fahrer geht mit dem Wissen an den Start, dass es gefährlich ist - doch der Wille, sich durch die unbarmherzige Natur zu kämpfen, überwiegt. Man fährt gegen sich selbst und die Wüste.

Es ist unglaublich, was Dr. Michael Plecko und sein Team geleistet haben. Solche Ärzte gibt es nicht viele auf der Welt. Sie haben nicht nur eine außergewöhnliche Operation durchgeführt, sondern fast ein Wunder vollbracht – ohne Komplikationen, ohne Infektionen, ohne Folgeschäden. Sie haben mit höchster Präzision gearbeitet und bewiesen, dass medizinische Perfektion und Menschlichkeit Hand in Hand gehen können. Dafür wird Matthias Walkner ihnen immer dankbar sein.

Er hat gelernt, dass das Leben nicht immer planbar ist, aber dass man es mit Mut und Entschlossenheit in die eigene Richtung lenken kann.

Matthias Walkner

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