Sicherheit und Nachwuchs


In der Steiermark ist die Polizei derzeit auf allen Ebenen gefordert, sei es bei Großveranstaltungen, auf Weihnachtsmärkten oder durch den anhaltenden Bedarf an Nachwuchs für den Polizeidienst. Trotz erhöhter Sicherheitsbedenken und der globalen Bedrohungslage ist die Polizei bestrebt, den Bürgerinnen und Bürgern ein sicheres Gefühl zu vermitteln, ohne dabei die Freiheiten und das Zusammenleben einzuschränken. „Mit bewährten Schutzmaßnahmen und spezifischen Gefährdungsanalysen für jede Veranstaltung arbeitet die Polizei daran, potenzielle Risiken auf ein Minimum zu reduzieren – auch wenn absolute Sicherheit nie garantiert werden kann”, so Chefinspektor Fritz Grundnig.

Herr Chefinspektor, in Zeiten erhöhter Sicherheitsbedenken: Wie bewertet die Steirische Polizei die Sicherheit auf Veranstaltungen und Christkindlmärkten? Gibt es besondere Maßnahmen, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten?

Die Terroranschläge in Europa in den vergangenen Jahren mahnen die Polizei zur Vorsicht. Obwohl keine konkreten Gefährdungen bekannt sind, kann eine einhundertprozentige Sicherheit niemand garantieren. Die Terrorwarnstufe in Österreich befindet sich nach wie vor auf der zweithöchsten Stufe. Man kann nur das Risiko so gut wie möglich senken. Das funktioniert nur mit entsprechender Vorbereitung. Jede Veranstaltung wird einer Gefährdungsanalyse unterzogen und danach richtet sich der Behördenauftrag bzw. auch die Einsatzplanung der Polizei. Alle technischen, baulichen und personellen Sicherheitsmaßnahmen, die möglich sind, werden auch eingesetzt. Details zu den Maßnahmen werden aus taktischen Gründen nicht veröffentlicht.

Gibt es spezifische Gefahrenquellen, die auf Märkten oder bei Veranstaltungen besonders im Fokus stehen?

Anschläge im Ausland haben gezeigt, dass die Möglichkeit des Einsatzes von Fahrzeugen gegen Personen in Betracht gezogen werden muss. Daher auch die oben erwähnten  baulichen und technischen Maßnahmen.

Können Bürger Ihrer Meinung nach weiterhin sorglos zu solchen Veranstaltungen gehen, oder sollten sie bestimmte Vorsichtsmaßnahmen treffen?

Wie von der Politik schon des Öfteren kommuniziert: Wir lassen uns durch derartige Bedrohungen nicht verunsichern. Genau das ist nämlich die Absicht der Terroristen: Angst in der Bevölkerung zu verbreiten und dadurch die Sicherheit zu destabilisieren. Die Polizei gewährleistet durch ihre Arbeit eine möglichst hohe Sicherheit bei diesen Veranstaltungen.

Wie hoch ist aktuell das Interesse von Jugendlichen, Frauen und Männern, in den Polizeidienst einzutreten? Gibt es spezifische Programme, um Nachwuchs zu fördern?

Das Interesse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen an der Polizeiarbeit ist nach wie vor sehr hoch. Der Polizeiberuf ist spannend, vielfältig, aber auch anspruchsvoll. Wir brauchen starke Persönlichkeiten, die mit den besonderen Herausforderungen umgehen können. Der Dienst an der Gesellschaft ist fordernd, aber als Teil der großen Polizeifamilie durchaus leistbar.

Wie wichtig sind Gehalt und finanzielle Anreize bei der Entscheidung, zur Polizei zu gehen? Sind das häufige Themen bei Bewerbungsgesprächen?

Natürlich gibt es bei den Recruiting-Veranstaltungen immer wieder auch Fragen zum Gehalt. Deshalb wurde durch die Recruiting-Offensive des Bundesministeriums für Inneres unter anderem auch das Anfangsgehalt der Aspiranten (Polizisten in der Grundausbildung) angehoben. Weitere Anreize wie ein gratis Klimaticket oder die Möglichkeit der Führerscheinausbildung während der Grundausbildung verstärken das Interesse naturgemäß.

Wie gestaltet sich die Arbeitszeit bei der Polizei in der Steiermark? Gibt es Modelle, die auf die Bedürfnisse von Familien Rücksicht nehmen?

Es gibt im Rahmen des Beamtendienstrechts Möglichkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Allerdings muss den Bewerbern bewusst sein, dass Polizeiarbeit 24/7 gewährleistet sein muss. Daher ist wie in anderen Bereichen (Arzt, Krankenpflegedienst, Berufsfeuerwehr …) auch mit Nacht- und Wochenenddiensten zu rechnen.

Wie viele Frauen und Männer sind aktuell in der Steiermark im Einsatz? Und wird weiteres Personal gesucht, um den Bedarf zu decken?

Der Frauenanteil in der Polizei beträgt derzeit rund 30 Prozent - in den Grundausbildungslehrgängen teilweise bereits über 50 Prozent. Wie bereits erwähnt, sind wir immer wieder auf der Suche nach geeigneten Interessenten und daher auf einer Vielzahl von einschlägigen Veranstaltungen (z.B. Berufs- und Bildungsmessen) präsent. Die Polizei in der Steiermark hat nunmehr einen historischen Höchststand (ca. 4.600 Polizistinnen und Polizisten) erreicht.

Wie lange dauert die Ausbildung bei der Polizei und welche Schritte umfasst sie?

Die Polizeigrundausbildung dauert insgesamt zwei Jahre, die bereits auch Praxisphasen enthalten. Sie ist so vielfältig wie der Beruf selbst: praxisorientiert und vernetzt mit den verschiedenen Ausbildungsinhalten. Dabei wird umfassendes rechtliches, einsatztaktisches und technisches Wissen vermittelt. Ebenso werden persönlichkeitsbildende und sozialkommunikative Einheiten und umfangreiche Trainings absolviert. Die Ziele sind, Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis eines menschenrechtskonformen Verhaltens zu vermitteln.

Ist es notwendig, zuerst im Streifendienst zu arbeiten, bevor man eine Laufbahn als Kriminalbeamter einschlagen kann?

Für alle Sonderverwendungen in der Polizei gilt es, zuerst einige Jahre im Streifendienst zu verrichten. Erst dann gibt es die Möglichkeit, sich zu spezialisieren.

Manche Situationen führen dazu, dass auch erfahrene Polizisten an ihre persönlichen Grenzen stoßen? Werden spezielle Trainings oder Betreuungsangebote für solche Fälle bereitgestellt? Gibt es Fälle, in denen Polizisten den Druck der täglichen Arbeit nicht standhalten? Welche Maßnahmen gibt es, um die psychische Gesundheit der Beamten zu unterstützen?

Bereits seit einigen Jahren gibt es polizeiintern die Einrichtung des so genannten „Peer Supports“. Das sind Kollegen aus der Praxis, die besonders geschult auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingehen können. Diese Einrichtung ist nicht verpflichtend, wird aber in den vergangenen Jahren immer mehr in Anspruch genommen.

Wurden viele Kinder im Jahr 2024 in der Steiermark als vermisst gemeldet, und wie viele davon konnten wiedergefunden werden?

Meist handelt es sich bei den Kindern um Kurzzeitabgängige, die nach wenigen Tagen wiedergefunden und den Erziehungsberechtigten übergeben werden können. Oft handelt es sich um so genannte „Dauerabgängige“, die immer wieder für ein paar Tage verschwinden. Das heißt, die Aufgriffsquote bei abgängigen Kindern beträgt nahezu 100 Prozent.

Gibt es Statistiken zu vermissten Erwachsenen? Wie hoch ist der Anteil derer, die nicht wieder auftauchen?

Abgängigkeit von Erwachsenen ist gesondert zu betrachten. Als freier und im vollen Besitz seiner geistigen Fähigkeiten stehender Erwachsener kann man seinen Aufenthaltsort frei wählen und muss auch niemanden darüber Bescheid geben.  Steht allerdings der Verdacht eines Unfalls oder eines Verbrechens im Raum, werden von der Polizei entsprechende Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. Mehr Informationen dazu gibt es auf der  Homepage des Bundeskriminalamtes: KAP – Kompetenzzentrum Abgängige Personen.

Wie viele Mordfälle gab es 2024 in der Steiermark und gibt es Unterschiede in der Häufigkeit zwischen den Geschlechtern?

Vollendete Mordfälle scheinen in der Steiermark für 2024 insgesamt fünf auf. Bei drei Fällen hat sich der Täter nach der Tat suizidiert. Bei allen Fällen war der Täter männlich (drei weibliche Opfer). Alle Fälle wurden aufgeklärt, d.h. in diesem Deliktsfeld liegt die Aufklärungsquote bei 100 Prozent. 

Wie oft werden Polizeiinspektionen zu Einsätzen wie Nachbarschaftsstreitigkeiten gerufen? Wie wird entschieden, welche Anrufe Priorität haben?

Von der Polizei wird jede Anzeige ernst genommen, entsprechende Erhebungstätigkeiten werden eingeleitet. Die Polizei hat eine gesetzliche Verpflichtung zur Gefahrenerforschung. Meistens stellen sich die Nachbarschaftsstreitigkeiten als Privatrechtsdelikte bzw. Zivilrechtsangelegenheiten heraus, womit die Polizei keine weiteren Befugnisse mehr besitzt. Eine Statistik wird nicht geführt. 

Muss jeder eingehende Notruf bearbeitet werden, oder gibt es Fälle, in denen eine telefonische Beratung ausreichend ist?

Die Notrufe werden ausnahmslos von der Landesleitzentrale der Polizei entgegengenommen. Der Notrufbearbeiter wird in der Regel die nächstgelegene Polizeistreife verständigen und von dieser werden die Ersterhebungen aufgenommen. Erst danach wird das weitere Einschreiten der Polizei festgelegt.

Wie bereitet sich die Polizei auf mögliche Krisensituationen wie Naturkatastrophen oder Großereignisse vor? Gibt es spezielle Krisenteams oder Trainingseinheiten?

Krisensituationen oder Naturkatastrophen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich  unvorhersehbar ereignen. Immer wieder werden derartige Situationen mit anderen Einsatzorganisationen beübt, so können sich die Polizisten entsprechend vorbereiten. Bei größeren Ereignissen wird ein Einsatzstab gebildet, dessen Strukturen vorgegeben sind und somit eine Kommunikation und Lageführung auf kurzem Wege möglich machen. Dieses System hat sich sehr gut bewährt und wird auch bei geplanten Großeinsätzen erfolgreich umgesetzt.

Hat sich die Arbeit der Polizei in den letzten Jahren durch gesellschaftliche Entwicklungen, wie etwa die zunehmende Digitalisierung, verändert? Werden dadurch auch Maßnahmen gegen Cyberkriminalität intensiviert? Welche Rolle spielt dieser Bereich aktuell?                       

Fakt ist, dass sich durch den technischen Fortschritt und die Digitalisierung die Deliktsfelder verändert und zu großen Herausforderungen in der Polizeiarbeit geführt haben. Das Thema „Cybercrime“ ist in den letzten Jahren massiv angestiegen und dieser Trend ist auch in Zukunft zu erwarten. Deshalb hat das Bundesministerium auch in diesem Deliktsfeld reagiert. Es wurden beispielsweise Kriminalassistenzdienststellen in den Regionen instaslliert, wo speziell ausgebildetes Fachpersonal Dienst verrichtet. Weiters wurde ein „Cybercrime-Trainings-Center“ geschaffen, um die Polizisten bestens in diesem Deliktsfeld zu schulen.

Welche technischen Hilfsmittel nutzt die Polizei im Alltag? Sind Drohnen, Kameras oder KI-gestützte Technologien bereits Teil des Standardrepertoires?

Grundsätzlich müssen technische Hilfsmittel für den Polizeieinsatz getestet werden. Erst nach erfolgreichen Tests werden diese Hilfsmittel vom Bundesministerium für Inneres ausgeschrieben, angekauft und den Polizeidienststellen zur Verfügung gestellt. Kameras und Drohnen werden schon seit Jahren in der Polizeiarbeit eingesetzt, KI-Unterstützung derzeit noch nicht.

Wie wichtig ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeiarbeit? Was unternimmt die Polizei, um das Vertrauen der Bürger in der Steiermark zu stärken und wie geht die Polizei mit kritischen Stimmen aus der Bevölkerung oder der Presse um? Gibt es besondere Maßnahmen, um Transparenz zu fördern?

Beim OGM/APA-Vertrauensindex für Institutionen 2022 steht die Polizei mit 55 Prozent an der Spitze. Durch eine Vielzahl an Maßnahmen ist die Polizei bestrebt, diesen Status nicht nur zu halten, sondern noch auszubauen. Ich darf beispielsweise an das Projekt GEMEINSAM.SICHER erinnern, bei dem die Polizei auf die Bürger zugeht und somit Probleme und Herausforderungen aus erster Hand wahrnimmt. Transparenz in der Öffentlichkeitsarbeit steht in den Vorgaben an oberster Stelle. Nur durch offene, rasche und transparente Berichterstattung erreicht man das Vertrauen der Öffentlichkeit. Sehr schnell kommen in der „Community“ diverse Gerüchte auf, die von der Öffentlichkeitsarbeit sehr rasch und transparent richtiggestellt werden müssen.

Welche Präventionsprogramme gibt es, um junge Menschen über Sicherheit und Gefahren aufzuklären? Besucht die Polizei z. B. Schulen, um Jugendlichen mehr über den Polizeiberuf zu erzählen?

Seitens der Polizei gibt es einige Präventionsprogramme, die vor allem an den Schulen präsentiert und umgesetzt werden. Diese Programme sind altersangepasst und werden auch von den Schulen sehr gerne angenommen. Beispiele dafür sind „Kinderpolizei“, „CyberCids“, „Under18“ oder „RE#work“ (Extremismusprävention). Der Recruiting-Gedanke ist bei diesen Projekten zweitrangig.

Werden spezielle Aktionen oder Projekte für Jugendliche angeboten, die daran interessiert sind, Polizist zu werden?

Zielgruppe bei den Recruiting-Veranstaltungen ist die Altersgruppe von 15 bis 18, da diese meist kurz vor dem Schul- bzw. Berufsabschluss steht und eventuell Interesse am Polizeiberuf hat. Spezielle Aktionen oder Projekte diesbezüglich gibt es derzeit nicht.

Welche Maßnahmen gibt es, um Diversität innerhalb der Polizei zu fördern? Werden spezifische Programme angeboten, um mehr Menschen mit Migrationshintergrund oder Frauen für den Beruf zu gewinnen?

Keine gezielten Maßnahmen. Wer Interesse hat, die Voraussetzungen erfüllt und geeignet ist, ist herzlich willkommen. Frauen und Männer sind im Polizeiberuf absolut gleichgestellt.

Welche Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung gibt es für Polizeibeamte? Wie wichtig sind Fortbildungen und Spezialisierungen in der Karriereplanung?

Nach der Grundausbildung bieten sich den Polizisten eine Vielzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten. Grundlegend darf hier die Grundausbildung für „dienstführende Beamte“ (mittlere Führungsebene, Kommando von Inspektionen und Fachbereichen) oder die gehobene Laufbahn („Offiziere“ bzw. „leitende Beamte“) mit inkludiertem Studium und akademischem Abschluss an der Sicherheitsakademie bzw. FH genannt werden. Zudem gibt es während der Berufslaufbahn zahlreiche Spezialisierungsmöglichkeiten (Diensthundeführer, Kriminalbeamte, Einsatzkommando Cobra uvm.).

Gibt es internationale Austauschprogramme oder Fortbildungen mit anderen Polizeibehörden in Europa oder weltweit?

Ja, gibt es. Hospitationen sind bilateral durchaus üblich.

Inwiefern beeinflussen aktuelle gesellschaftliche Themen wie der Klimaschutz oder politische Bewegungen die Arbeit der Polizei? Gibt es häufiger Einsätze bei Demonstrationen oder Veranstaltungen? Wird jede Demoanfrage genehmigt?

Grundsätzlich ist die Aufgabe der Polizei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit. In den letzten Jahren ist eine Zunahme von Demogeschehen, vor allem in Graz, zu verzeichnen. Es darf grundsätzlich erwähnt werden, dass die Polizei keine Demonstrationen genehmigt oder nicht genehmigt. Das Recht, sich zu versammeln, ist in den Grundrechten (Europäische Menschenrechtskonvention) und somit auch in der Österreichischen Bundesverfassung verankert. Versammlungen, so der rechtlich richtige Begriff, müssen spätestens 48 Stunden davor angezeigt werden. Die Behörde prüft nun, ob gesetzliche Untersagungsgründe vorliegen. Ist dies nicht der Fall, darf die Versammlung durchgeführt werden und bedarf keiner weiteren „Genehmigung“ der Polizei oder der Behörde. Jede Versammlung wird seitens der Polizei einer Einzelfallprüfung unterzogen und aufgrund des Ergebnisses dieser Prüfung wird der polizeiliche Einsatz geplant und festgelegt und ist somit mit mehr oder weniger Aufwand

Chefinspektor Fritz Grundnig

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