Zwei Freunde auf verschiedenen Wegen

Wayan Bach und Michael Grünwidl haben sich das erste Mal getroffen, als beide sechs Jahre alt waren – am ersten Schultag in der Waldorfschule in Graz-St. Peter. Sie waren sich sofort sympathisch und wurden Freunde. Das sind sie heute, nach 36 Jahren, noch immer.

„Wir waren beide glücklich, gleich an unserem ersten Schultag einen Freund gefunden zu haben“, erinnern sich Wayan und Michael an den Beginn ihrer Freundschaft. Weil sie in unmittelbarer Nähe wohnten – Bach in Gössendorf und Grünwidl in Fernitz – hatten sie Zeit, auf dem Schulweg miteinander zu plaudern. Rasch wurden sie unzertrennlich. Das galt auch für die Fahrradprüfung, die beide sehnlichst erwartet hatten. An dem Tag, als sie sie bestanden hatten, bekamen Wayan und Michael von ihren Eltern Fahrräder geschenkt. Beide bekamen das gleiche Modell: ein Mountainbike vom Ikea Family Club. Was aber wirklich zählte, war der Tachometer. „Der war digital. Das war voll wichtig für uns.“

Die beiden Freunde haben gemeinsam die Waldorfschule besucht und doch sehr unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen. Grünwidl hatte immer schon ein Faible für Autos - „Ich habe schon als Kind jede Marke und jedes Modell sofort erkannt“, sagt Michael - und dachte nach der Matura nicht daran, zu studieren. „Ich wollte Geld, und zwar gleich. Erst mit 27 Jahren einen bezahlten Job zu haben war nicht meins. Das war mir zu spät.“ Also arbeitete der heute 42-Jährige in mehreren Branchen und ging 2005 als Lokführer zu den Steirischen Landesbahnen. Heute fährt er Lokomotiven bei der GKB-Tochter LTE Logistik- und Transport GmbH in Graz.

Bach wechselte nach neun Jahren Waldorfschule auf das BORG Monsbergergasse. Danach arbeitete er zwei Jahre bei Magna, interessierte sich aber nicht genug für Autos, um eine angebotene Ausbildung zum Mechaniker zu absolvieren. Sein Vater hatte einen Verlag, Wayan stieg als Mediengrafiker ein. „Das war mein Einstieg ins Marketing“, erinnert er sich. Über mehrere Zwischenstationen gelangte er in die ShoppingCity Seiersberg, wo er heute das Marketing leitet.

Fortzugehen und sich in Discos herumzutreiben war den beiden in der Pubertät nicht wirklich wichtig, erzählen die Freunde. „Mich hat eigentlich nur der Führerschein interessiert“, schmunzelt Michael. Den wollte er so früh wie möglich haben. „Ich habe die Fahrprüfung abgelegt, als ich noch nicht 18 war. Die zwei Wochen, bis mir der Schein auch ausgehändigt wurde, konnte ich kaum abwarten. An meinem 18. Geburtstag bin ich in aller Herrgottsfrüh aufgestanden und im Morgengrauen bei der Führerscheinstelle erschienen, um das rosa Papier abzuholen.“

Mit dem Traktor seines Vaters ist Grünwidl schon gefahren, als er gerade 15 war, und auch Reparaturen hat er selbst erledigt. „Wir hatten eine kleine Landwirtschaft, aber in die wollte ich nie einsteigen. Darin habe ich keine Geschäftsidee gesehen.“ Ein Händchen für Geld habe sein Freund schon immer gehabt, ergänzt Wayan. „Michael war der Geschäftstüchtigere von uns beiden. Er war immer am Überlegen, wie er zu Geld kommt. Zu Weihnachten hat er beim Schulfest zum Beispiel Mistelzweige am Parkplatz verkauft, dabei habe ich ihm auch geholfen. Er hat auch entdeckt, wie man aus den Kaugummiautomaten, die damals an jeder Ecke standen, gratis welche herausbekommt.“

Obwohl sich Bach und Grünwidl zwischenzeitlich ein wenig aus den Augen verloren hatten, lebte die alte Freundschaft sofort wieder auf, als sie sich wieder begegneten. „Drei oder vier Jahre hatten wir uns ein bisschen auseinanderentwickelt, wir hatten verschiedene Interessen und auch neue Freunde kennen gelernt“, erinnern sich die beiden. „Aber als wir uns wieder getroffen haben, war es, als wäre kein Tag seit unseren letzten gemeinsamen Unternehmungen vergangen.“ Auseinanderentwickelt hatte sich allerdings der Musikgeschmack: Wayan spielte in einer Rockband, Michael liebte elektronische Musik.

Der ebenfalls 42 Jahre alte Wayan Bach verdankt seinen ungewöhnlichen Vornamen der Liebe seiner Eltern zu Indonesien. „Sie sind in der ganzen Welt herumgereist, waren aber besonders oft in dem Inselstaat. Dort bin ich auch geboren. Jedenfalls haben ich und meine drei Geschwister exotische Vornamen.“

Wie es der Zufall wollte, stammt Wayan Bachs zweite Ehefrau aus Indonesien. „Ich habe sie aber hier kennengelernt, sie lebt schon seit 20 Jahren in Österreich“, erzählt der Marketingleiter. Aus seiner ersten Ehe hat Bach zwei Kinder. Sein Freund Michael war bei beiden Hochzeiten dabei und auch Trauzeuge für seinen Freund. Selbst ist Michael Grünwidl unverheiratet und kinderlos – „und momentan glücklicher Single“, lacht der Lokführer.

Was Wayan seinem Freund nie vergessen wird, ist die Unterstützung in schweren Zeiten. „Bei meiner Scheidung ist Michael voll zu mir gestanden. So etwas macht Freundschaft aus: dass man aufeinander zählen kann.“ Wenn man sich auf ein Plauscherl treffe, redet man über alles: „Unsere Leben, unsere Erfahrungen.“ Und Michael versichert: „Ich bin immer für ihn da, das ist selbstverständlich, und das wird immer so bleiben.“

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