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Nach 33 Jahren Chef der JA Graz-Karlau


Vor 33 Jahren hat Gerhard Derler seinen ersten Dienst in der Justizanstalt Graz-Karlau angetreten, seit April ist der Brigadier der neue Anstaltsleiter eines der größten österreichischen Gefängnisse. Der laufende Umbau der Anstalt und die Suche nach neuen Mitarbeitern sind die großen Herausforderungen, vor denen er und seine Beamten stehen.

Begonnen hat Gerhard Derler seine Karriere in der Justizwache mit 21 Jahren. „Nach der Matura und dem Bundesheer habe ich viele Bewerbungen geschrieben, unter anderem bei Polizei und Gendarmerie, die damals ja noch getrennt waren“, erinnert sich der Brigadier. „Mein Onkel, der selbst Beamter in der Karlau war, hat mir ans Herz gelegt, in die Justizwache einzutreten.“ Sein Arbeitsplatz ist noch immer sein Traumberuf, den Rücken stärkt ihm die Familie und abschalten kann er bei seinem leidenschaftlichen Hobby: die Blasmusik bei der Bergkapelle Rabenwald, wo er seit 44 Jahre die Klarinette spielt.

Das tägliche Geschäft in einer Haftanstalt hat Derler von der Pike auf gelernt. „Ich bin sogar noch am äußeren Wachturm der Karlau gesessen – der heute nicht mehr besetzt ist“, erzählt der Anstaltschef. 2001 wurde Gerhard Derler leitender Beamter, 2003 übernahm er die Wirtschaftsleitung. Ab 2011 versah er dann Dienst als stellvertretender Anstaltsleiter, bis er am 1. April 2023 zum obersten Chef der JA Graz-Karlau ernannt wurde.

Anstaltsleiter Brig. Gerhard Derler unterrichtet auch den Nachwuchs der Justizwache. Konkret lehrt er an der Strafvollzugs-Akademie Bundeserfassungsrecht, wirtschaftliches Handeln und Menschenrechtstraining. „Es ist wichtig, dass unsere jungen Justizwache-Mitarbeiter über diese Fragen Bescheid wissen“, ist er überzeugt. „Schließlich müssen wir im Gefängnis ganz massiv in die Menschenrechte der Häftlinge eingreifen.

An der Akademie, an der die Grundausbildung für den Strafvollzug absolviert werden muss, unterrichten viele leitende Beamte aus dem Strafvollzug. Auf dem Lehrplan stehen unter anderem eine Waffenausbildung, Exekutivbefugnisse oder verschiedene Rechtsfächer und humanistische Fächer wie z.B. Psychologie, Psychiatrie, Sozialarbeit, Pädagogik. Auch ein praktisches Einsatztraining (vollzugliches Handlungstraining) ist Pflicht.

Seit das Alterslimit für den Eintritt – lange waren es 30 Jahre – gefallen ist, streben auch viele ältere Menschen eine Karriere in der Justizwache an. „Wir haben auch 50-Jährige, die eine Ausbildung beginnen. Diese wollen die letzten 10 bis 15 Jahre in einen anderen Beruf wechseln.“ Die Karriereleiter hat mehrere Stufen – vom einfachen Bediensteten über den dienstführenden Bediensteten bis zum leitenden Beamten.

In Graz laufen (jährlich bis zu drei Kurse mit insgesamt bis zu 60 Teilnehmern) derzeit zwei Kurse mit insgesamt 32 Teilnehmern für die unterste Verwendungsgruppe. Daneben gibt es in der steirischen Landeshauptstadt auch noch einen Kursus, im den zukünftige Dienstführende ihr Handwerk lernen. Ausgebildet wird für Haftanstalten in ganz Österreich, auch wenn der Schwerpunkt natürlich auf dem Süden liegt.

Die Justizwache stehe vor demselben Problem wie die gesamte Wirtschaft, weiß der Anstaltsleiter. „Die Babyboomer gehen in Pension. Verschärft wird das noch, weil für uns die Schwerarbeiterregelung gilt, das heißt, man kann die Pension unter bestimmten Voraussetzungen schon mit Vollendung des 60. Lebensjahres antreten. Gleichzeitig rücken viel zu wenig Junge nach.“

Die Herausforderung sei, das Berufsbild Justizwache-Beamter vernünftig zu bewerben und positiv darzustellen. „Wir wollen vermitteln, dass es nicht nur um Bewachung, sondern sehr stark auch um Betreuung geht. Ein sehr, sehr großer Anteil der Häftlinge kehrt ja nach Verbüßung der Strafe in die Gesellschaft zurück. Natürlich haben wir es oft mit schwierigen Persönlichkeiten zu tun, aber es ist unsere Aufgabe, zu erkennen, was wer wann benötigt, und vor allem die Insassen auf das Leben in Freiheit und die Gesellschaft vorzubereiten.“

Neben den formalen Voraussetzungen sollen junge Kollegen vor allem Menschlichkeit mitbringen, sagt der Karlau-Chef. „Man ist für die Insassen nicht zuletzt Bezugsperson. Sie kommen mit ihren Ängsten, Sorgen und Anliegen zu uns.“ Durchaus erwünscht, so Gerhard Derler, sind Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund. „Es ist auch immer wichtiger, dass sich Häftling und Beamter auch ohne Dolmetscher verständigen können.“ Deutlich mehr als die Hälfte der knapp 400 Gefangenen kommen nicht aus Österreich.

Gewalttätige Auseinandersetzungen, wie man sie aus Gefängnisfilmen kennt, sind in der JA Graz-Karlau eher die Ausnahme, erzählt der Justizanstalt-Chef vom Knastalltag. „Natürlich gibt es immer wieder Stress, das liegt in der Natur der Sache. Teilweise sind die Häftlinge zu sechst in ihren Zellen untergebracht, da bleibt kein Raum für Privatsphäre. Deshalb kommt es unweigerlich zu Spannungen. Wir greifen dann ein und beruhigen die Lage.“

Auslöser für Streitigkeiten sei oft, dass die Gefangenen aus verschiedenen Kulturkreisen kommen. „Da prallen dann verschiedene Weltanschauungen, Religionen und Verhaltensmuster aufeinander.“ 45 Nationalitäten sitzen hier ein.

Der laufende Umbau der JA Graz-Karlau wird hier eine deutliche Entspannung bringen, ist Derler überzeugt. In den bereits modernisierten Trakten gibt es nur noch Einzelhafträume. Diese Zellen sind mit einem Standard wie TV und einer Kochplatte ausgestattet. Dusche und WC sind zwar innerhalb des Haftraums, aber baulich getrennt. Die Fenster sind groß und lassen viel Tageslicht in die Zelle. Trotzdem sind sie zweifach gesichert – sowohl gegen Ausbruchsversuche als auch gegen Schmuggel von außen. Neun Quadratmeter hat so ein Haftraum für einen Insassen. Unterstützt bei der Führung der Haftanstalt wird Brigadier Derler unter anderem durch seinen interimistischen Stellvertreter Guido Riepl. Dieser ist seit 26 Jahren im Justizwachedienst, die letzten zehn davon in der Leitungsebene. Er hatte in Graz mit dem Studium des Bauingenieurwesens begonnen. „Das hat nicht so ganz gepasst, deshalb habe ich mich nach einer anderen Berufsmöglichkeit umgeschaut und bin dann auf die Justizwache gestoßen“, schildert Riepl seinen Werdegang. Bereut habe er seine Entscheidung nie.

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