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Peter ist trocken – und im Ressidorf glücklich


Seit 2018 wohnt Peter im Obdachlosenheim Ressidorf der Caritas in der Herrgottwiesgasse in Graz. Als wir ihn kennenlernten, war er schwerer Alkoholiker, der sogar schon an Leberzirrhose erkrankt war. Nach vier Jahren haben wir ihn wieder getroffen – Peter ist trocken und es geht im heute gesundheitlich relativ gut.

Rund 15 Flaschen Wein hat Peter gebraucht – pro Tag. „Vier Flaschen waren allein nötig, damit das Zittern aufhörte. Ich war im Dauerrausch.“ Zum Schluss sei er schon gelb im Gesicht gewesen, erzählt der Ressidorf-Bewohner. Seine Leberwerte seien bei mehr als 5.000 gelegen. Normal sind Werte zwischen 10 und 50. „Außerdem hatte ich von der vielen Flüssigkeit Wasser im Bauch.“

Der Entzug ist ihm mit Hilfe des Teams des Landeskrankenhauses Graz Süd – früher LKH Siegmund Freud – im zweiten Anlauf gelungen. Eine erste Behandlung brach der Alkoholiker ab. „Ich hab wieder gesoffen, bald ging es mir noch viel schlechter. Dann hat mir der Arzt erklärt, es gäbe zwei Möglichkeiten – weitersaufen oder leben.“ Peter begab sich ein zweites Mal zur Entzugsbehandlung, die erfolgreich war. Von 148 auf 80 Kilogramm ist er während seiner Therapie abgemagert. Die Leberwerte sind auf 37 gesunken. „Als ich aus der Klinik kam, habe ich mich als Spargeltarzan gefühlt“, schmunzelt der sympathische Mann. Inzwischen ist das Gewicht wieder auf 100 Kilogramm gestiegen. „Nicht, weil ich wieder trinke, sondern weil ich gerne esse, vor allem Pizza.“

Medikamente muss er täglich schlucken. Unter anderem wegen eines Bandscheibenvorfalls. 250 Euro gibt er im Monat dafür aus, weil die Krankenkasse nicht die vollen Kosten übernimmt. Die Unterkunft im Ressidorf kommt auf weitere 220 Euro Unkostenbeitrag. Sein Einkommen monatlich sind rund 1.300 Euro Rehageld, davon kann Peter „gut leben“.

Im Ressidorf bewohnt Peter ein Wohnmodul in Holzbauweise, es ist rund acht Quadratmeter groß. Die eigenen vier Wände stehen ihm aber erst seit zwei Jahren zur Verfügung, denn vorher hatte er noch einen Mitbewohner. Er fühlt sich überglücklich. Eingerichtet ist die Unterkunft natürlich bescheiden, aber Spielekonsole, Fernseher, Kühlschrank, Mikrowelle und Minibackofen sowie Kaffeemaschine empfindet Peter als puren Luxus und Segen.

Für seine Mitbewohner im Dorf kocht er jeden zweiten Tag. „Am liebsten koche ich meine Lieblingsspeise Wurstgröstl.“ Die Kosten für die Lebensmittel streckt er vor, beim Essen werden für die Gäste meist vier Euro Unkostenbeitrag fällig.

Das Leben als trockener Alkoholiker ist in seinem Umfeld nicht leicht. „Alle Mitbewohner hier sind alkoholsüchtig. Da kommt man nur mit eisernem Willen durch.“ Peters Lieblingsgetränk ist inzwischen der alkoholfreie Gösser Radler. „Ich bleibe bei 0,0 Promille“, lacht der trockene Alkoholiker. Peters größter Wunsch ist es, seinen Sohn wieder zu treffen. Seit zehn Jahren hat er ihn nicht mehr gesehen. Heuer ist das Kind zwölf Jahre alt. „Ich muss noch Auflagen erfüllen, bis ich ihn wieder sehen darf. Leider habe ich in meinem Leben viel Blödsinn gemacht.“ Er spricht damit seine Vorstrafen an, insgesamt drei Jahre ist er im Gefängnis gesessen. „Im Rausch bin ich aggressiv geworden und auf andere Menschen losgegangen, da reichte eine Kleinigkeit”, erinnert er sich.

Selbst ist Peter bei Pflegeeltern aufgewachsen. „Die waren immer lieb zu mir, obwohl ich ein sehr schwieriges Kind war.“ Er pflegt immer noch einen guten Kontakt zu ihnen. Mittlerweile ist der Ressidorf-Bewohner auch seine Schulden los. „Ungefähr 3.000 Euro waren das. Ich habe zwar immer in meinem erlernten Beruf als Bäcker und Konditor gearbeitet, aber das ganze Geld habe ich in Alkohol umgesetzt.“

Zuletzt hat Peter sein Geld nicht mehr in Alkohol, sondern in ein Fahrrad investiert. Das hat er zum Sonderpreis erstanden. „Seitdem bin ich viel unterwegs und fahre durch die Gegend. In einem Monat bin ich bereits 1.000 Kilometer darauf gefahren.“ Ein Nachbar aus dem Dorf begleitet ihn manchmal. „Das ist der Mauki, wir sagen ,Gartenzwerg‘ zu ihm. Er ist Alkoholiker, aber wenn ich ihn zum Radfahren mitnehme, trinkt er vorher absolut nichts. Wir radeln dann nach Kalsdorf-Fernitz und wieder zurück hierher ins Ressidorf. Am Schluss tut ihm zwar der Hintern weh, trotzdem fragt er sofort, ob ich ihn wieder mitnehme.“

Der geheilte Alkoholiker möchte sein Leben „auf die Reihe kriegen“, wie er es ausdrückt. „Momentan bin ich bei 50 Prozent.” Darum will er auch nicht so schnell aus dem Ressidorf ausziehen: „Ich muss erst 100 Prozent erreichen, dann kann ich sagen, ich habe es geschafft.“

Besondere Menschen sind für Peter die Leiter des Ressidorfes, Pierre und Mario Payer. „Sie lassen uns nicht spüren, dass wir anders sind. Sie helfen uns, wo sie können. Sie versuchen immer wieder, auf jeden einzelnen Bewohner einzuwirken, damit dieser das Beste aus sich macht.“

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