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Den klassischen Schmuggler gibt es schon lange nicht mehr


Der wichtigste Grenzübergang der Steiermark ist jener in Spielfeld. Dort ist natürlich auch der Schwerpunkt des Zolls. Spielfeld gehört zur Dienstelle Süd des Zollamtes Österreich. Diese verfügt über 270 Mitarbeiter, die in der Steiermark und in Kärnten die Einhaltung der Zollbestimmungen kontrollieren.

„Spielfeld und überhaupt die Dienststelle Süd sind Hot Spots“, schildert deren Leiter Hofrat Hans Georg Kramer. „Das liegt an den Hauptverkehrsrouten, die bei uns zusammenlaufen. Und damit ist bei weitem nicht nur die Straße gemeint.“ Neben dem hochrangigen Straßennetz, das umgangssprachlich Balkanroute genannt werde, laufe auch der hochrangige Schienenverkehr durch Südösterreich. Dazu komme der Flughafen Graz als wichtige Drehscheibe für Menschen und Waren. Der Zoll ist nur für letztere zuständig, Personenkontrollen obliegen der Grenzpolizei, die zum Verantwortungsbereich des Innenministeriums gehört. Der Zoll hingegen untersteht dem Bundesministerium für Finanzen.

„Den klassischen Schmuggler, der mit der ganzen Familie nach Slowenien gefahren ist, das volle Programm durchgezogen hat – Essen gehen, Friseur, Lebensmitteleinkauf - und dann mit ein paar Stangen Zigaretten unterm Autositz wieder nach Hause gefahren ist, den gibt es schon lange nicht mehr“, erzählt Kramer. „Der ist 50 Kilometer weit gefahren und hat die ganze Strecke vor Angst gezittert. Wenn er es geschafft hat, nicht kontrolliert zu werden, war er stolz. Aber das ist alles vorbei.“

Grund dafür sei unter anderem, dass es sich bei den Verbindungen nach Slowenien und Italien um sogenannte innergemeinschaftliche Übergänge, also um Grenzübergänge zwischen EU-Mitgliedsstaaten handle. Innerhalb der EU dürfen die meisten Waren völlig zollfrei ein- und ausgeführt werden. Eine der wenigen Ausnahmen sind verbrauchsteuerpflichtige Waren, wie Zigaretten und Mineralöl, bei denen es noch Einschränkungen im Reiseverkehr gibt.

Heute gehe es um den wohlorganisierten, bandenmäßigen Schmuggel. „Die arbeiten hochprofessionell mit Begleitfahrzeugen, die sich die Route ganz genau anschauen, ob und wie dort kontrolliert wird. Die kommen auch nicht unbedingt über Spielfeld, wo es den großen Grenzübergang gibt. Die nehmen oft auch Wald- und Wiesenwege.“

Zwar werde an den kleinen Grenzübergängen auch stichprobenartig kontrolliert – nur in Spielfeld und bei zwei Autobahnübergängen in Kärnten sind Zöllner im Dauereinsatz – „aber sicher fühlen kann sich kein Schmuggler“, so Kramer. Dazu tragen vor allem die Zollkontrollen im Hinterland weit nach der unmittelbaren Grenze bei.

Ein großes Thema ist der Mineralölschmuggel. „Da geht es um falsch deklarierte Produkte ebenso wie um zusammengemischte Treibstoffe“, schildert Kramer. Dabei wird gerne Diesel mit anderen Mineralölfraktionen gemischt. „Zum Beispiel wird das sogenannte Schalungsöl zugesetzt, ein letztlich minderwertigeres Produkt aus dem Raffinerieprozess, das aber in Dieselmotoren funktioniert. Nur dass es für den Motor ganz und gar nicht gut ist.“

Zu Erfolgen gegen Schmuggler führen auch die guten Kontakte zur Polizei in Österreich und in den Nachbarländern. Einen konkreten Fall schildert der Teamleiter Mobile Kontrolle Reiseverkehr, Johannes Lambauer: „Wir haben am Silvestertag des vergangenen Jahres einen Anruf aus Sicheldorf bei Radkersburg erhalten und wurden über einen möglichen Schmuggel informiert, genauere Informationen hat es vorerst aber nicht gegeben. Bei der Kontrolle hat sich herausgestellt, dass die Täter Snus,  das sind mit Tabak gefüllte Beutel, die man in den Mund unter die Lippe steckt und die dann Nikotin an die Schleimhäute abgeben, aus Slowenien nach Österreich verbracht haben. Wir haben dann Kontakt zu den slowenischen Behörden aufgenommen und aufgedeckt, dass ein paar Österreicher einen Handel mit Snus im großen Stil aufgezogen hatten.“ Rund 5.000 Dosen Snus hatten diese bei der Kontrolle im Gepäck gehabt, als sie an der Grenze aufgegriffen wurden. Ein halbes Dutzend solcher Fahrten habe man den Tätern nachweisen können. „Das allein hat einem Volumen von einigen zigtausend Euro entsprochen“, erzählt der Hausherr Johannes Lambauer.                                      

Eine Aufgabe der Zöllner ist auch der Kampf gegen Produktpiraterie. „Es wird alles gefälscht, das etwas wert ist und das man nachbauen kann“, erzählt Kramer. „Das geht von Markensonnenbrillen über Diktiergeräte bis hin zur Nikon-Kamera. Aber auch eher alltägliche Gegenstände werden nachgebaut – Fensterbe- schläge oder Dübel.“ Mit der Suche nach den gefälschten Produkten schütze man die Wirtschaft.

Den klassischen Zöllner, der an der Grenze stand und nach Reisepass oder zu verzollenden Waren fragte, gebe es schon lange nicht mehr, versichert der Chef der Dienststelle Süd. „Zöllner ist heute ein ungeheuer abwechslungsreicher Beruf, der eine Menge Spezialwissen erfordert. Die Zoll-Mitarbeiter machen im Vorfeld ausgeklügelte Risikoanalysen, die Kolleginnen und Kollegen brauchen eine große Auffassungsgabe, sie müssen rasch erkennen, ob etwas nicht stimmt.“

Das Interesse an dem Beruf ist groß: „Wir in der Dienststelle Süd haben die meisten Bewerbungen von allen Zoll-Dienststellen“, freut sich der Kramer. „Mindestens die Hälfte der Bewerber sind Frauen – und auch der Frauenanteil bei den vorhandenen Mitarbeitern ist hoch, mit 92 Zöllnerinnen machen sie gut ein Drittel der Belegschaft aus.“

Zum Team der Zöllner in Spielfeld gehören auch Suchhunde. Diese sind auf Suchtgift, Zigaretten und Bargeld trainiert. Außerdem können einige Vierbeiner Verstöße gegen das Washingtoner Artenschutzabkommen aufdecken, indem sie Tiere oder Pflanzen erschnüffeln, deren Einfuhr verboten ist.

Wir haben den Einsatz eines Hundes live miterlebt, der auf Tabak und Drogen spezialisiert ist. An den Vorderbeinen trägt der vierbeinige Helfer kleine Schühchen. Die sollen einerseits verhindern, dass er sich verletzt, andererseits Beschädigungen an den untersuchten Autos vermeiden. Der Hund schnuppert an und in einem Kleinbus. Als sein Hundeführer Thomas bemerkt, dass er nichts findet, deponiert er unbemerkt eine Probe im Vorderteil des Fahrzeugs. „Das Tier braucht ein Erfolgserlebnis, und wenn es nichts zu finden gibt, sorgen eben wir dafür“, erklärt er. Der Suchhund erstarrt binnen einer Sekunde zur Salzsäule, als er die Probe wittert. „Er ist ein passiver Suchhund und zeigt durch absolute Bewegungslosigkeit an, dass er etwas gefunden hat. Wie haben aber auch aktive Hunde, die bellen, wenn sie etwas wittern.“

In den Drogen riechen die Hunde übrigens einige Substanzen, die in fast allen Suchtgiften enthalten sind. Das ist auch notwendig, da es derzeit rund 27.000 verbotene chemische Verbindungen gibt, die als Droge eingestuft werden. Die überwiegende Anzahl von ihnen kommt aus dem Labor.

Nicht nur für die Spürhunde, sondern auch für die Menschen kann die Durchsuchung von Containern potenziell gefährlich sein. Kramer erklärt, warum: „Viele Container sind mit Gift begast. Das soll verhindern, dass Schädlinge nach Europa eingeführt werden. Um einen solchen Container zu kontrollieren, müssen sie erst zum Entgasen.“ Das geschieht, indem man den Stahlbehälter zwangsbelüftet und so das giftige Gas heraustreibt. „Wir wissen aber, wenn diese Gefahr droht. Die Container sind klar gekennzeichnet und haben zusätzlich ein Siegel.“

Eine spezielle Untersuchungsstelle ist die Verkehrskontrollstelle Gersdorf. Dort können verdächtige Fahrzeuge von der Pyhrnautobahn abgeleitet werden. An dem Kontrollpunkt steht auch ein stationäres Röntgengerät zur Verfügung. „Mit seiner Hilfe können wir von außen gefährliche Gegenstände bzw. eventuelle Schmuggelware entdecken“, schildert Lambauer. „Auch Zigaretten und manche Drogen sind erkennbar.“ Untersucht werden nicht nur Lkw, sondern auch ganze Reisebusse. „In so einem Fall werden alle Insassen und das gesamte Gepäck kontrolliert. Das kann dann schon mehrere Stunden dauern.“

Angesprochen werden Reisende übrigens grundsätzlich mit „Österreichischer Zoll, guten Tag, haben Sie etwas zu verzollen?“ Kramer erläutert: „Wir sagen nicht Grüß Gott. Dadurch könnten sich Angehörige nicht-christlicher Religionen beleidigt fühlen.“

Wir haben auch mit einigen Zöllnern gesprochen, die in der Steiermark Dienst tun. Einer davon ist Alexander K. „Der Güterverkehr hier in Spielfeld läuft über die Bundesstraße, dort ist der Grenzübergang für Lkw. Manchmal decken wir sogar einen Schmuggel auf, von dem der Lkw-Lenker gar nichts weiß. So etwas ist erst vor ein paar Tagen wieder passiert. Da öffneten wir ein Fahrzeug, das bereits eine Zollplombe hatte. Im Inneren haben wir zusammengedrückte Kartons und Fäkalien entdeckt. Offenbar hatten illegale Migranten von oben die Plane aufgeschnitten und sich so in den Laderaum geschlichen. Der Fahrer war bei der Kontrolle ziemlich überrascht – er wusste anscheinend wirklich nichts davon. Die blinden Passagiere waren jedenfalls bereits weg, als wir nachschauten.“

Der Zollbeamte Alexander K. hat sogar schon eine Flüchtlingsfamilie gerettet. „Wir haben einen Anhänger kontrolliert und sechs Menschen gefunden, teilweise schon bewusstlos. Auch da hatte der Fahrer gar nicht mitbekommen, dass sich jemand in seinen Lkw geschlichen hatte. Wichtig ist jedenfalls, dass wir alle noch retten konnten.“

Marianne Tscherner-Mitteregger ist seit 1985 beim Zoll und Teamleiterin in Spielfeld. Vierzehn Mitarbeiter arbeiten dort beim Zoll, die Grenzabfertigung in Spielfeld erfolgt durch die Polizei. Sie hat natürlich schon einiges erlebt: „Einer unserer größten Erfolge waren 50 Kilogramm Heroin, die wir in einem Lkw gefunden haben. Das Kuriose an der Sache war, dass wir den Empfänger der Sendung kontaktieren konnten und ihn zu uns gebeten haben, weil wir die für ihn bestimmte Ladung untersuchen wollen. Er ist wirklich erschienen – was Pech für ihn war.“

Skurril auch ein Fall von Zigarettenschmuggel, an den sich die Zöllnerin erinnert. „Es war ein Audi A6, den wir kontrollierten. 300 Stangen Zigaretten fanden wir! Es war unglaublich, wo die überall aufgetaucht sind in dem Fahrzeug. Der Fahrer hat dann noch zugegeben, dass er schon acht erfolgreiche Fahrten hinter sich hatte.“

Dass sich Schmuggel nicht auszahlt, können wir nach all den Informationen bestätigen.

Hofrat Hans Georg Kramer

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