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„Der Mischkonsum unterschiedlicher Substanzen ist hochgefährlich und kann mitunter tödlich sein!“


Seit 1. Dezember des vergangenen Jahres ist Erich Schnedl mit der Leitung des Ermittlungsbereiches Suchtmittel im LKA Steiermark betraut. Der Chefinspektor kann auf langjährige Erfahrungen in dieser Deliktssparte zurückblicken: Mit einer kurzen Unterbrechung ist er seit 2001 in diesem Bereich tätig.

Der Polizeidienst, erzählt Schnedl, bietet ein breites Spektrum von Betätigungsfeldern. Früher oder später kristallisiere sich für jede Polizistin, jeden Polizisten heraus, wo das Eigeninteresse am höchsten ist und welcher beruflichen Herausforderung man sich zukünftig stellen will.  „Bei mir war es von Anfang an die Affinität zum Kriminaldienst, auch wenn man das natürlich nicht gleich am Beginn der Karriere ausüben kann“, sagt der erfahrene Suchtmittelbekämpfer der Steiermark. Man beginne im Regelfall im uniformierten Dienst, sammle Erfahrungen und mache Spezialausbildungen.

Der Kriminaldienst ist jedenfalls kaum vergleichbar mit einem gewöhnlichen Bürojob, der um 8 Uhr beginnt und um 16 Uhr endet, schildert der Suchtgiftermittler. „Wir sind im Grunde fremdbestimmt, abhängig vom Verhalten und den Gewohnheiten der Täter, die sich nicht an Bürozeiten, Wochenenden oder Feiertage halten. Flexibilität und Engagement und das Interesse am Umgang mit vielen verschiedenen Menschen unterschiedlicher Herkunft ist daher in unserem Beruf immens wichtig.“

Im Kriminaldienst, so Erich Schnedl, könne man nur dann erfolgreich sein, wenn man außerdem dazu bereit sei, keine Berührungsängste zu haben und auch über das eigene Bundesland hinausdenke. „Die Täter machen ja nicht an der Grenze halt“. Der Westbalkan ist nicht wirklich weit von unserem Bundesland entfernt, weshalb es wichtig ist, gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt auch die Kommunikation mit Behörden und Organen im Ausland zu pflegen, was mit zunehmender Intensivität bei grenzüberschreitenden Ermittlungen auch geschieht. „Das ist eben auch das Interessante an diesem Beruf, nämlich mit vielen anderen Menschen zu arbeiten und so auch den eigenen beruflichen Horizont zu erweitern.“

Fakt ist aber, dass man als Ermittler auch gefordert ist, auf die eigene Sicherheit zu achten. „Gerade Täter aus den Kriegsgebieten des ehemaligen Jugoslawiens haben oft eine ganz andere, weit niedrigere Hemmschwelle. Die bei Amtshandlungen bestehende Gefährdung ist daher durchaus als latent zu bezeichnen, was aber nicht bedeutet, dass man ein Gefühl der Bedrohung empfinde.”

Wie viele Drogenabhängige es in der Steiermark gebe, lasse sich laut Schnedl nicht festmachen. „Wir haben zwar einen Überblick über jene Menschen, die an Opiat-Substitutionsprogrammen teilnehmen, also synthetische Opiate wie Methadon etc. als Drogenersatz erhalten. Da sind die Zahlen in den vergangenen Jahren konstant. Aber das sagt natürlich nichts über die Anzahl jener Personen, Abhängige aus, die regelmäßig andere Substanzen konsumieren. Die Dunkelziffer ist hier nicht dokumentiert.“

Gefährlich ist der Mischkonsum unterschiedlicher Substanzen. Ebenso ist auch der Konsum „synthetischer Drogen“ in den Augen von Erich Schnedl für die Konsumenten an sich höchst risikobehaftet. „Der Konsument kennt die Zusammensetzung und den Reinheitsgrad zumeist nicht und kann somit auch das mit dem Konsum einhergehende Risiko nicht einschätzen.“ Oft endet der Konsum tödlich: „Wenn ein Abhängiger zum Beispiel eine bestimmte Substanz mit einem 20-prozentigem Reinheitsgrad gewohnt ist und immer eine bestimmte Menge davon konsumiert, ist es enorm gefährlich, wenn er einmal eine Dosis mit einer viel höheren Konzentration erwischt.“

Noch vor einigen Jahren war es möglich, Konsumenten bzw. Abnehmer einer bestimmten Droge zuzuordnen. „Heute verhält es sich aber so, dass nahezu überall in der Steiermark alles erhältlich ist. Gerade junge Menschen haben auch eine wesentlich höhere Risikobereitschaft, all das auszuprobieren. Und dann wird auch jede Substanz konsumiert, ohne dass die Betroffenen wissen, was das überhaupt ist.“ Gefährlich sei der unbedachte Konsum, ist sich der Chef des Ermittlungsbereiches sicher, also „der Konsum von Substanzen, von denen man nicht weiß, wie sie zusammengesetzt sind. Verkauft wird eine Substanz zum Beispiel als Kokain, das aber mit allen möglichen synthetischen Stoffen vermischt ist, von denen man keine Ahnung hat, welche Wirkungen sie haben und welche Gefahren von ihnen ausgehen.“ Die häufigste Todesursache bei Drogen sei eine Mischung von Stoffen.

Aufgaben des Landeskriminalamtes. Insgesamt sei es die Aufgabe des Landeskriminalamtes, darüber Bescheid zu wissen, was sich in der steirischen Drogenszene tue, ob es also in der Steiermark außergewöhnliche Erscheinungen der Drogenkriminalität gibt, ob Netzwerke agieren, die organisiert Drogen verteilen und überregional operieren. Werden solche Phänomene festgestellt, werden eben Ermittlungen eingeleitet, mitunter auch gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden.“

Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit für eine derartige Kooperation ist eine Großaktion der steirischen Suchtgiftermittler gemeinsam mit Finanz- und Lebensmittelbehörden, bei der gegen einige Hanf-Shops und CBD-Produzenten vorgegangen wurde. Cannabidiol oder CBD ist ein legaler Wirkstoff im Hanf, dem im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol THC keine psychoaktive Wirkung zugeschrieben wird und der offiziell als natürliches Beruhigungs- und Schmerzmittel verkauft werden darf. CBD wird aus speziellen, nahezu THC-freien Hanfsorten gewonnen. Die Shops hatten allerdings andere Sorten in Umlauf gebracht, aus denen bis zu 170 Kilogramm Cannabis gewonnen hätten werden können. Cannabis ist in der Steiermark traditionell stark verbreitet, weiß Erich Schnedl. Immer wieder würden sowohl Indoor-Plantagen als auch Outdoorpflanzungen sichergestellt.

Einen Unterschied im Konsumverhalten zwischen wohlhabenden und weniger begüterten Menschen sieht Schnedl übrigens nicht. „Früher hat man gesagt, Kokain sei eine Droge der Reichen. Das ist heutzutage sicher nicht mehr der Fall.“

Die Steiermark liegt auch in geografischer Hinsicht in exponierter Lage. „Bosnien und andere Westbalkanstaaten sind nur wenige Autostunden von Graz entfernt. In diesen Ländern kommen hohe Arbeitslosenraten und damit verbundene Perspektivenlosigkeit und die Verfügbarkeit von illegalen Substanzen zusammen. Die aus und über diese Länder nach Norden transportierten Drogen sind keinesfalls oder nur zu einem geringen Prozentsatz für die Steiermark bestimmt. Unser Bundesland ist aber jedenfalls Transit- und leider auch immer öfter ein Depotland für diese Suchtgifte. Ist die Ware erst einmal in Slowenien oder in Österreich, dann ist sie in der EU und wird von hier aus weiterverteilt.

In der Suchtmittelbekämpfung gehe es nicht um die Kriminalisierung von einzelnen Konsumenten, erläutert Schnedl. „Ein wirklicher Erfolg ist es, kriminelle Strukturen offenzulegen und deren Akteure aus dem Verkehr ziehen können. Im Idealfall können wir auch die illegale Ware sicherstellen.” Können solche Netzwerke zerstört werden, dauert es wieder längere Zeit, bis neue Akteure an deren Stelle treten und diese Schienen effizient bedienen. „Sichergestelltes Suchtgift wird im Regelfall untersucht. Mehrmals im Jahr werden diese Sicherstellungen dann gesammelt vernichtet.“

Nicht alle Ermittlungserfolge werden auch öffentlich bekannt gemacht. Dies geschehe aus ermittlungstaktischen Gründen oftmals nicht. Manchmal gehöre auch Glück dazu, einen Schlag gegen die Suchtgift-Händler führen zu können. „Aber es braucht immer auch solide, konsequente Arbeit für einen Erfolg. Einfach so ein bisschen dahin ermitteln und warten, bis sich das Glücksvogerl auf die Schulter setzt, reicht sicher nicht.“

Der Schlüssel sei die Gewinnung von Informationen. „Selten wird etwas angezeigt, vielmehr ist ein Erfolg die Konsequenz intensiver Ermittlungen. Darum ist auch die schon angesprochene Vernetzung so wichtig. Hier passiert vieles auf gegenseitiger Vertrauensbasis. Dieses Vertrauen muss man sich hart erarbeiten.” Das Bundeskriminalamt unterstützt und koordiniert die Zusammenarbeit innerhalb Österreichs. Die Aufgabe des Landeskriminalamtes ist es, Netzwerker zwischen dem Bundeskriminalamt, den Nachbarbundesländern und -staaten und den steirischen Bezirken zu sein. Die wichtigste Aufgabe ist daher, diese Erkenntnisse entsprechend zu verarbeiten und Ermittlungen zu vernetzen.

Ein Anliegen ist dem Suchtgiftermittler Erich Schnedl auch der eigene Nachwuchs. „Der Ermittlungsbereich soll auch für junge Polizisten attraktiv sein.“ Die rechtzeitige Einbindung junger Menschen gewährleistet einerseits, dass Erfahrungswerte und Kontakte nicht verloren gehen, und bietet andererseits die Möglichkeit, dass althergebrachte Zugänge und Ermittlungstaktiken den Gegebenheiten der Zeit und dem sich ständigen ändernden Kommunikationsverhalten angepasst werden können.“

Chefinsp. Erich Schnedl

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